A K T U E L L E S
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Zertifizierte Nachhaltigkeit im Rübenanbau
N
achhaltigkeit, und damit verbun-
den der Erhalt und Schutz natür-
licher Ressourcen, die Förderung effi-
zienter Verarbeitungsprozesse sowie
soziale Verantwortung haben in der
deutschen Zuckerindustrie eine lange
Tradition. Die Zuckerrübe ist bekann-
termaßen eine der ökologisch wich-
tigsten und wertvollsten Pflanzen der
Landwirtschaft. Nachhaltigkeit ist so-
zusagen ihre Natur.
Aufgrund der steigenden Bedeu-
tung des Themas und der zunehmen-
den Sensibilität der Verbraucher reicht
der Hinweis auf Tradition als Nach-
weis für Nachhaltigkeit bei den Kun-
den von Pfeifer & Langen leider nicht
mehr aus. Daher haben sich zahlreiche
große Lebensmittelhersteller zusam-
mengeschlossen und die sogenannte
SAI-Plattform gegründet.
SAI – ein weltweites System
Die „Sustainable Agriculture Initiative“
(SAI) ist eine von der Lebensmittel-
industrie geschaffene weltweite Initia-
tive zur Förderung der nachhaltigen
Landwirtschaft. SAI wurde bereits im
Jahre 2002 durch die Unternehmen
Nestlé, Unilever und Danone ins Le-
ben gerufen und ist eine Non-Profit
Organisation mit Sitz in Brüssel. Ziel
ist es, Wissen und Initiativen zu bün-
deln und somit die Umsetzung und
Entwicklung nachhaltiger landwirt-
schaftlicher Praktiken zusammen mit
den jeweiligen Beteiligten der Lebens-
mittelindustrie voranzutreiben. Mitt-
lerweile zählt SAI fast 70 Mitglieder
aus der gesamten Nahrungsmittelbran-
che. Neben dem Thema Zucker wer-
den bei SAI verschiedene Projektgrup-
pen beispielsweise zu Kaffee, Milch
Gute Chancen für alle Beteiligten
„Es ist geschafft! Die Geduld hat sich
für beide Verhandlungspartner ge-
lohnt, auch wenn beide Seiten in
manch einem Punkt ihre Vorstellun-
gen nicht vollständig umsetzen konn-
ten. Gerade das zeichnet einen guten
Kompromiss als ein Verhandlungs-
ergebnis auf Augenhöhe aus.
Das Kernelement der Vereinbarung, das
Preisableitungsmodell für den Rüben-
preis auf Basis der Zuckerverkaufserlö-
se, bietet allen Beteiligten gute Chan-
cen, unter den volatilen Bedingungen
eines freien Marktes zu bestehen. Die
Vereinbarungen zeigen geradezu bei-
spielhaft, wie es gelingen kann, inner-
halb einer Wertschöpfungskette die Ri-
siken des Marktes auf den Schultern al-
ler Akteure der Produktion zu verteilen.
Alle weiteren Regelungen zu den künf-
tigen Vertragsmengen, zur Rübenbe-
wertung und Rübenabnahme geben
uns Landwirten unternehmerischen
Freiraum, der es zulässt, die Vorteile
des Produktivitätsfortschritts nicht in
kürzester Zeit in Form von Preisab-
schlägen abgeben zu müssen.
Der Optimismus aufgrund des Ergeb-
nisses darf uns jedoch nicht darüber
hinwegtäuschen, dass insgesamt in
den meisten Betrieben die Einkommen
in nächster Zeit unter Druck stehen.
Das im Rheinland weitverbreitete Mo-
dell des Ackerbaubetriebes mit Getrei-
de und Zuckerrüben wird unter dem
Druck der Flächenkonkurrenz nun erst
recht nach Einkommensalternativen
und Möglichkeiten der Effizienzsteige-
rung suchen müssen. Die Schaffung
effizienter Strukturen und der Einsatz
moderner Technik in unterschiedlichen
Kooperationsmodellen können den mit
wenig Fläche ausgestatteten Betrieben
Möglichkeiten bieten, am technischen
Fortschritt teilzuhaben. Dazu werden
sicherlich die im Rheinland aus der Zu-
ckerrübenlieferkette entstandenen
Maschinenringe und Abfuhrorganisati-
onen in unterschiedlicher Form Hilfe-
stellung leisten können. Gemeinsam
werden wir die Zukunft meistern!“
Johannes Brünker
Landwirt aus Swisttal
Schnitzelvergütung mit ausgezahlt
werden, erfolgt wie bisher Ende April.
Flächenbindung fällt weg
Und noch etwas Wesentliches ändert
sich im Rheinland: Nach rund vier Jahr-
zehnten endet das Prinzip der Flächen-
bindung der Rübenliefermenge. Ab
2017 wird die Vertragsmenge direkt den
landwirtschaftlichen Betrieben als be-
triebliche Vertragsmenge zugeordnet.
Flächenzu- und abgänge haben dann
keinen direkten Einfluss mehr auf die
Höhe der individuellen Vertragsliefer-
menge. Eine zentrale Voraussetzung für
die den Betrieben zugeordnete Ver-
tragsliefermenge ist lediglich die Ge-
währleistung einer mindestens dreijäh-
rigen Fruchtfolge. Voraussetzung für
den Erhalt eines Rübenlieferungsver-
trages ist zudem, dass man aktiv Rüben
anbauender Betrieb ist. Beide Verhand-
lungsparteien waren sich am Ende ei-
nig, dass ein zukunftsfähiges Vertrags-
werk ausgehandelt worden ist, das nun
mit Leben gefüllt werden muss. Gerade
im Rheinland mit seinen wettbewerbs-
fähigen Rüben anbauenden Betrieben
und wettbewerbsfähigen Zuckerfabri-
ken werden der Rübenanbau und die
Zuckererzeugung auch in Zukunft ihre
große Bedeutung beibehalten.
Dr. Helmut Esser, Pfeifer & Langen, Köln
Dr. Peter Kasten, Rheinischer
Rübenbauer-Verband e.V.
Johannes
Brünker
Viele der in Zu-
kunft für die Zerti-
fizierung gefor-
derten Angaben
machen die Rü-
benanbauer be-
reits jetzt für
Cross Compliance.
Foto: agrar-press
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Zuckerrübenjournal
LZ 19 · 2016