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Zuckerrübenjournal
LZ 19 · 2016
| A K T U E L L E S | P O L I T I K
M A R K T
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
Zuckerimporteur der Welt ist, erwartet
die Rabobank für die diesjährige Ernte
2016 eine Zuckerrübenfläche von rund
1,5 Mio. ha, was ungefähr dem Fünf-
jahresdurchschnitt entsprechen wür-
de. Der tatsächliche Umfang werde al-
lerdings von den Liefervereinbarun-
gen zwischen den Landwirten und den
Zuckerfabriken abhängen, die zurzeit
noch diskutiert würden. Unter der An-
nahme eines Rübenaufkommens im
Rahmen des Mittelwertes der vergan-
genen fünf Jahre sa-
gen die nieder-
ländischen Analysten eine
EU-Rohzuckererzeugung 2016/17 von
17 bis 18 Mio. t voraus, verglichen mit
schätzungsweise 15,3 Mio. t im laufen-
den Wirtschaftsjahr. In den vergange-
nen zweieinhalb Jahren habe es zahl-
reiche Überraschungen wie starke
Ernteschwankungen gegeben, so die
Rabobank. Außerdem sei der Preis für
raffinierten Zucker von 2013 bis 2015
um etwa 40 % gefallen, was die Gewin-
ne der Zuckerrübenverarbeiter ge-
schmälert habe. Derweil sei der Preis-
rutsch für die Landwirte durch den
Rübenmindestpreis und in einigen
Ländern auch durch an die Produkti-
onsmenge gekoppelte Beihilfen abge-
federt worden.
EU-Weißzuckerpreis
mittlerweile stabil
Mittlerweile zeichnet sich nach Anga-
ben der Rabobank allerdings eine Bo-
denbildung am Zuckermarkt ab, was
den Rübenverarbeitern, Zuckerraffine-
rien und -händlern vor dem Auslaufen
der EU-Zuckermarktordung Ende
2016/17 eine Atempause verschaffe. So
sei der EU-Zuckerpreis in den vergan-
genen zwölf Monaten zwischen
415 und 425 €/t geschwankt. Die EU-
Kommission hatte in ihrem Ende Fe-
bruar veröffentlichten Preisbericht für
Dezember 2015 einen durchschnittli-
chen Erlös von 427 €/t Weißzucker ge-
meldet; das waren 1,8 % weniger als im
Vorjahr und 0,9 % mehr als im Novem-
ber. Als Reaktion auf die zunehmend
knappere Versorgung der Union wur-
den den niederländischen Analysten
zufolge zuletzt jedoch sogar Lieferkon-
trakte von 550 bis 600 €/t abgeschlos-
sen.
Rohzuckerimporte der
EU rückläufig
Wie die Rabobank außerdem berich-
tet, fielen die EU-Rohzuckerimporte
aus Staaten Afrikas, der Karibik und
des Pazifiks (AKP-Staaten) sowie aus
den am wenigsten entwickelten Län-
dern im Rahmen des Handelsabkom-
mens „Alles außer Waffen“ (EBA) und
aus anderen zollbegünstigten Staaten
in der laufenden Vermarktungssaison
unterdurchschnittlich aus. Als Ursa-
chen nennen die niederländischen Ex-
perten die relativ geringen Handels-
spannen der ausländischen Exporteu-
re und das teils geringe Zuckerauf-
kommen in den betreffenden Ländern.
Zusätzlich verengen dürfte sich die
Versorgungslage in der Gemeinschaft
durch das für 2015/16 erwartete Aus-
fuhrvolumen von 1,35 Mio. t Weißzu-
cker. In der Folge wird der Bestand
zum Ende des noch laufenden Wirt-
schaftsjahres laut Prognose der EU-
Kommission unter dem Fünfjahres-
durchschnitt liegen. Dabei setzen die
Beamten allerdings voraus, dass die
Importe der Gemeinschaft doch noch
anziehen. Geschieht das nicht, würde
die Lagermenge noch geringer ausfal-
len. Deshalb haben der Rabobank zu-
folge Zuckerverarbeiter und Händler
die zuständigen Behörden bereits auf-
gefordert, in den kommenden Wochen
Maßnahmen zur Angebotssteigerung
auf dem Binnenmarkt zu ergreifen, et-
wa durch die Senkung der Importab-
gaben sowie durch die Umwidmung
von Nichtquotenzucker zu Quoten-
zucker.
AgE
Umrechnungskurs: 1 $ = 0,8965 €
ernte von insgesamt 610 bis 620 Mio. t
gerechnet. Dabei soll der durchschnitt-
liche Zuckergehalt wegen der günsti-
geren Witterung besser als im Vorjahr
ausfallen. Den Analysten zufolge dürf-
ten von der Ernte voraussichtlich
43,5 % zu Zucker verarbeitet werden,
was einer Erzeugung von 34 Mio. t ent-
spräche. Demnach würde die Vorjah-
resmenge um 3,2 Mio. t oder 10,4 %
übertroffen. Brasilien ist der größte
Zuckererzeuger und -exporteur der
Welt. Wenn die brasilianischen Expor-
te in Gang kommen, ist deshalb laut
Rabobank mit Preisdruck am Welt-
markt zu rechnen.
Zuckererzeugung
wahrscheinlich attraktiver
Im Februar wurde in Brasilien
der Rabobank zufolge vor allem
Ethanol aus Zuckerrohr erzeugt,
weil die Preise für den Biokraft-
stoff im Vergleich zu den Erlö-
sen für Zucker sehr attraktiv wa-
ren. Außerdem ließ die Nachfra-
ge der Autofahrer trotz der höhe-
ren Preise nicht nach. Allerdings
erwarten die Utrechter Experten
für das zweite Quartal 2016 einen sai-
sonal bedingten Rückgang des Etha-
nolpreises, sodass die Zuckererzeu-
gung wieder attraktiver werden dürfte.
Die Banker weisen aber darauf hin,
dass der brasilianische Zuckerverband
Unica für die bevorstehende Kampag-
ne nur geringfügig mehr Zucker als
die 2015/16 erzeugte Menge erwartet.
Für die brasilianischen Zuckerrohr-
verarbeiter, die finanziell gut aufgestellt
sind, sieht die Rabobank im neuen Wirt-
schaftsjahr sehr gute Perspektiven. In
den vergangenen Monaten habe es für
diese viele günstige Gelegenheiten ge-
geben, um sich mit Futures gegen
Schwankungen bei den Zuckerpreisen
und Währungen abzusichern. Dagegen
dürften die Aussichten für wirtschaft-
lich schwächere „Player“ eher unsicher
sein, weil sie ständig um Liquidität
kämpfen müssten. Häufig seien sie ge-
zwungen, Ethanol direkt nach der Pro-
duktion zu verkaufen. Auf günstigere
Verkaufszeitpunkte könnten diese Un-
ternehmen nicht warten, sodass sie den
Zuckerpreis- und Wechselkursschwan-
kungen ausgesetzt seien.
Zahlreiche Überraschungen
Mit Blick auf die Europäische Union,
die drittgrößter Zuckererzeuger und
El Niño könnte
dafür sorgen, dass
es eine schwäche-
re Zuckerrohrern-
te in Asien geben
könnte.
Foto: Imago