Agrarkommissar will Verlängerung der Handelsschutzmaßnahmen
Die am 5. Juni auslaufenden Handelsschutzmaßnahmen der Europäischen Union für Agrarimporte aus der Ukraine sollen nach dem Willen von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski verlängert werden. Wie der Pole am 30. Mai nach dem Treffen der EU-Landwirtschaftsminister in Brüssel erklärte, sollte die Beschränkung bis Oktober fortgeführt werden. Nach derzeitigem Stand dürfen Weizen, Mais, Raps- und Sonnenblumensaat aus der Ukraine lediglich als Transitware durch die östlichen Mitgliedsländer Polen, die Slowakei, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien transportiert werden. Der Brüsseler Agrarchef betonte allerdings auch, dass der Wunsch nach einer Verlängerung der Transitregelung seine persönliche Meinung sei. Eine Entscheidung auf Ebene der Kommission sei dazu noch nicht gefallen. Als Begründung für seine Forderung führte Wojciechowski an, dass die Bauern in den östlichen Mitgliedstaaten Zeit bräuchten, um ihre Lagerbestände abzubauen. Der nach Brüssel gereiste ukrainische Landwirtschaftsminister Mykola Solskyi drängte indes auf ein Ende der Agrarhandelsbeschränkungen gegenüber seinem Land. Die Ukraine sei auf einen ungehinderten Marktzugang über die EU-Solidaritätsrouten angewiesen. Die alternativen Exportrouten über das Schwarze Meer - die derzeit über das Istanbuler Getreideabkommen sichergestellt würden - seien zu sehr vom Willen Russlands abhängig, gab der Kiewer Ressortchef zu bedenken.
Unverständnis äußerte Solskyi insbesondere mit Blick auf die Rapslieferungen. Sein Land habe bereits vor dem Krieg Rapssaat ohne Begrenzungen in die EU exportieren können. Ihm sei nicht klar, was sich seitdem geändert habe, um die Restriktion zu rechtfertigen. Nachdrücklich stellte der Minister aber auch klar, dass es sich hier um eine „Diskussion unter Freunden“ handele. Solskyi mahnte nichtsdestoweniger eine zügige Lösung an. „Alles andere wird nur Russland nützen“, konstatierte der Minister. Derweil beklagte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, dass die EU-Solidaritätsrouten nur unzureichend funktionierenden. Er forderte die EU-Kommission dazu auf, dieses Thema „endlich“ zur Chefsache zu machen. Auf Nachfrage von Journalisten betonte der Berliner Agrarressortchef, dass nur eine supranationale Institution wie die Brüsseler Behörde einen reibungslosen Abtransport der ukrainischen Agrargüter in Drittstaaten organisieren könne. Schließlich seien viele Länder auf die Nahrungsmittel angewiesen.
Darüber hinaus kritisierte der deutsche Minister, dass mehrere Mitgliedstaaten unilaterale Handelsschutzmaßnahmen gegen ukrainische Agrarimporte erlassen hatten. Dies spiele lediglich den Interessen des russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände. Dieser setze aktuell alles daran, dass die Unterstützung für die Ukraine nachlasse, warnte Özdemir. Gleichzeitig lobte er vor allem das Engagement Polens. Die Anfang Mai von der EU-Kommission erlassene Schutzmaßnahme, wonach die Einfuhr ukrainischer Agrargüter nach Polen, die Slowakei, Ungarn sowie Rumänien und Bulgarien nur bei gesichertem Transit der Ware in ein anderes Land erlaubt ist, sollte laut dem Bundesagrarminister nicht verlängert werden. Nach seinen Worten ist aktuell nämlich nach wie vor unklar, auf welcher Datenlage diese Schutzmaßnahme erhoben worden sei. Wojciechowski hatte dagegen auf die schwierige Lage der Bauern, vor allem in Polen, hingewiesen. So sei der Import von ukrainischem Getreide 2022 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 6 Mio. t angestiegen. Im Fall Polens habe die eingeführte Gesamtmenge 3,5 Mio. t betragen. Einen Vergleichswert für 2021 nannte der Kommissar nicht. AgE