Inoffizielle Zugeständnisse
Die EU-Kommission ist offenbar bereit, ihre Vorschläge zur Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes zu entschärfen. Das legt zumindest ein inoffizielles Diskussionspapier der Behörde nahe, das in der vergangenen Woche bekannt geworden ist. Wie daraus hervorgeht, ist der Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) nach Einschätzung der Mitgliedstaaten zu ambitioniert und sollte insbesondere hinsichtlich der Anwendungsverbote und der betroffenen Gebiete nachgebessert werden.
Aus Sicht der Kommission kann diesen Bedenken Rechnung getragen werden, ohne die Integrität des Vorhabens zu schwächen. In Bezug auf die Anwendung in sensiblen Gebieten wird vorgeschlagen, anstelle eines Totalverbotes biologische Mittel und solche mit niedrigem Risiko zu erlauben; nicht zuletzt soll damit auch die Verbreitung dieser Alternativen angekurbelt werden. Auch die Vorgaben für den Pflanzenschutz im Ökolandbau könnten nach den Vorstellungen der Kommission auf die sensiblen Gebiete angewandt werden, nicht gelten soll das allerdings für Notfallzulassungen. Mögliche Lösungen werden den Mitgliedstaaten auch hinsichtlich der über die Gemeinsame Datenbank ausgewiesenen Schutzgebiete (CDDA) sowie der die Wasserrahmen-(WRRL)- und die Trinkwasserrichtlinie einschließenden sensiblen Gebiete in Aussicht gestellt; auch bei den vorgesehenen Ausnahmen zur Bekämpfung von Quarantäneschädlingen und invasiven Arten besteht Kompromissbereitschaft.
Nach Angaben des agrarpolitischen Sprechers der Grünen im Europaparlament, Martin Häusling, wurde das Diskussionspapier offiziell nur dem Rat zugestellt. Das sei ein „einmaliger und irritierender Vorgang“, kritisierte Häusling. Auf diese Weise werde eine inoffizielle parallele Verhandlungsebene eröffnet. Rat und Parlament hätten somit verschiedene Verlautbarungen der Kommission, an denen sich die Verhandlungen orientierten. Derweil sieht sich der Deutsche Bauernverband (DBV) in seiner massiven Kritik an dem EU-Naturschutzpaket bestätigt, weil die Kommission ihren eigenen Vorschlag zum Komplettverbot von Pflanzenschutzmitteln in „sensiblen Gebieten“ zur Disposition stellt. Der Ansatz, pauschale Verbote in Schutzgebieten zu verhängen, sei von Anfang an falsch gewesen, unterstrich DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken. Gleiches gelte für pauschale Reduktionsziele ohne vorhandene Alternativen. Statt jetzt Flickschusterei zu betreiben, sollte die EU-Kommission den Vorschlag komplett zurückziehen und neu aufsetzen. Eine wirkungsvolle Umsetzung könne nur in Kooperation mit der Landwirtschaft gelingen. Baden-Württemberg und Niedersachsen hätten gezeigt, wie das funktioniere, erklärte der DBV-Generalsekretär.
AgE