Zuckerrüben Journal 04/2018

LZ 50 · 2018 Zuckerrübenjournal | 17 Z U C K E R T E C H N I K | A N B A U | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T | P O L I T I K | A K T U E L L E S | E in gutes Auge und vor allem viel Erfahrung braucht man, um den Erdanteil und die organischen Anteile wie Rübenblätter oder kranke Rüben genau zu beurteilen. Darin sind sich Franz Erasmi und Albert Schillings ei- nig. Beide sind für den Rheinischen Rübenbauer-Verband Gutachter in den Zuckerfabriken. Denn auch wenn die Wetterbedingungen wie in diesem Jahr relativ konstant sind, sieht doch jede Fuhre ein bisschen anders aus. Manche Böden haben eine dunkle Far- be, Neulandböden sind eher hell. Da muss man schon auf die Details ach- ten: Wie viel Erde hängt an der Rübe und wie viel in der Wurzelrinne? Liegt lose Erde unten im Fahrzeug? Hört man Steine, wenn die Rüben aus dem Anhänger fallen? Scheint die Sonne in die Rüben oder sieht nachts im Schein- werferlicht alles anders aus? Und für diese Entscheidung bleibt nicht viel Zeit. Schätzer rund um die Uhr vor Ort Franz Erasmi aus Vettweiß ist seit 1998 Rübengutachter oder wie es richtig heißt „Unabhängiger Sachverständi- ger“. Heute ist er in der Zuckerfabrik Euskirchen stationiert, er hat aber auch schon in den Fabriken in Elsdorf und Jülich gearbeitet. Da die Gutach- ter rund um die Uhr für die Anbauer ansprechbar sein müssen, ist immer ei- ner vor Ort. Zurzeit arbeiten 16 Ver- bandsgutachter in Appeldorn, Euskir- chen, Jülich und in der Grafschafter Krautfabrik in Meckenheim. Drei bis vier Mal in der Woche ist Franz Erasmi in der Fabrik. „Die Nachtarbeit ist etwas ruhiger, weil nur 20 Züge pro Stunde durch die Stadt fahren dürfen.“ Überhaupt sei die Ar- beit etwas ruhiger geworden, denn früher seien viele Selbstanlieferer ge- kommen und damit einfach mehr Fuh- ren. Außerdem habe es früher viele Diskussionen über die Rübenköpfe ge- und Zuckergehalt. Somit wirkt der Schädling doppelt negativ. Festzuhal- ten bleibt, dass chemisch kaum eine Regulierungsmöglichkeit besteht. Ne- ben der äußerst schwierigen Terminie- rung einer möglichen Maßnahme zeig- ten sämtliche zugelassene, insektizide Mittel in der Vergangenheit nur einge- schränkte Wirkung. Aus anderen Regionen mit regelmä- ßig starkem Auftreten wird berichtet, dass der tiefen Einmischung der Ernte- rückstände auf befallenen Standorten eine besondere Bedeutung in der Schaderregerregulierung zukommt. Deshalb lautete die Empfehlung auch, am besten auf stark betroffenen Stand- orten zu pflügen. Die Überwinterung erfolgt nämlich im Puppenstadium an Pflanzenresten auf dem Feld, im Bo- den oder in Mieten. Die neue Genera- tion Falter schlüpft im Frühjahr vor al- lem aus bodennahen Ernteresten und die Motte fliegt dann in benachbarte Bestände. Dort erfolgt ab Ende April die Eiablage, bevorzugt an Wurzelhals und an abgestorbenen Blattstielen. Fal- ter, die in mehr als 15 cm Tiefe schlüp- fen, schaffen es nur selten an die Ober- fläche. Aufgrund der weiterhin anhal- tenden Trockenheit war das Pflügen in diesem Herbst jedoch nicht immer möglich. Es ist daher zu vermuten, dass das Potenzial für einen frühen erneuten Befall im kommenden Jahr hoch sein könnte. Allerdings wird es entschei- dend vom Witterungsverlauf abhängig sein, ob die Auswirkungen für den Rübenanbau 2019 so dramatisch sind wie in diesem Jahr. Bei einem kalten Frühjahr oder einer „normalen“ Niederschlagsverteilung mit entspre- chend guter Entwicklung der Blatt- masse dürften sich die Folgen für die kommende Rübenernte in Grenzen halten. Aus früheren Erhebungen lässt sich schließen, dass Niederschläge zu einer verstärkten Sterblichkeit der Raupen führen. Frühzeitige Beregnung kann daher auf Trockenstandorten eine vorbeugende Maßnahme zur Schadensminimierung sein. Die Witte- rung ist also entscheidend. Schließlich ist der Schädling in diesem Jahr quasi „aus dem Nichts“ erschienen – bei ei- ner geringen Ausgangsbelastung aus dem Vorjahr waren die Auswirkungen enorm. Thomas Ludwicki, Sebastian Lammerich Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen Gutes Auge und viel Erfahrung nötig Etwa zwei Minuten dauert es, einen Rübenzug in der Fabrik zu entladen. Die meiste Zeit davon ist die Spritze in Betrieb und die Rüben werden vomWasserstrahl aus dem Anhänger gespült. Da bleibt nicht viel Zeit, um die Rüben zu schätzen. Bevor die Rüben für die Waschprobe genommen werden, begutachten Franz Erasmi (l.) und Rainer Stollen- werk die aufgekippte Fuhre.

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