Zuckerrübenjournal 04/2013 - page 7

LZ 50 · 2013
Zuckerrübenjournal
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M A R K T
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würde, wonach es derzeit nicht aus-
sieht.
Das Preisverhältnis von Stärke und
Zucker spielt auch eine Rolle bei der
Verwendung von Isoglukose. Nicht nur
in den USA wird zum Süßen von Pro-
dukten, vor allem Getränken, ein nicht
unerheblicher Teil HFCS (High fructo-
se corn syrup) eingesetzt, der aus Mais
gewonnen wird. Ist Mais teuer, so
steigt der Verbrauch von Zucker, was
den Markt entlasten könnte. Da derzeit
der Maispreis aber fällt, ist hier keine
Entspannung zu erwarten.
Stichwort Finanzmärkte
Ein weiterer Faktor ist die Entwick-
lung der Finanzmärkte und des Devi-
senkurses. Der Dollar ist die Leitwäh-
rung im weltweiten Zuckerhandel. Ist
dieser im Verhältnis zum brasiliani-
schen Real oder der indischen Rupie
stark, so bekommt der brasilianische
oder indische Exporteur mehr Real be-
ziehungsweise Rupie pro Dollar, was
den Export lohnender macht. Bleibt
die USA bei ihrer Politik des billigen
Geldes, woran es derzeit keinen Zwei-
fel gibt, wird sich dies nicht ändern.
Auch der Euro ist derzeit relativ hoch
bewertet, wobei niemand weiß, ob die
Euro- und Finanzkrise nun vorbei ist.
Niedrige Zuckerpreise haben für
die Erzeuger der Rohstoffe Zuckerrohr
und Zuckerrübe mittelfristig einen
dämpfenden Effekt. Da Zuckerrohr
eine mehrjährige Pflanze ist, kann
man als Anbauer zwei bis drei magere
Jahre überstehen, wenn man nur mit
einer Kostendeckung zufrieden ist.
Steht jedoch eine Neuanpflanzung an,
so wird diese zumeist mit Krediten
finanziert. Die Kreditvergabe wird
allerdings teurer, wenn die Sicherhei-
ten des Kreditnehmers aufgrund
niedriger Zuckerpreise schwächer
ausfallen. Ohnehin ist die Bereitschaft
der Banken zur Kreditvergabe auf-
grund der weltweiten Finanzkrise
deutlich gesunken. Die Anzahl der In-
solvenzen bei den Zuckermühlen soll
in den letzten Monaten zugenommen
haben, weil die Zinsen nicht mehr
bedient werden konnten. Bei Zucker
aus Zuckerrüben geschieht die Anpas-
sung sehr viel schneller, weil hier
jedes Jahr neu entschieden wird, mit
welcher Kultur man den Acker be-
stellt.
Positiv könnten sich niedrige Zu-
ckerpreise dann auswirken, wenn An-
leger außerhalb des Agrarbereichs die
niedrigen Preise dazu nutzen würden,
wieder mit großen Beträgen in diesen
Markt zu investieren. Das ist dann ech-
te Spekulation.
Ein weiterer, wenn auch nicht so
bedeutender Faktor ist die Entwick-
lung der Preise für Betriebsmittel, wie
Diesel, Dünger oder Pflanzenschutz-
mittel. Auch diese hängen mehr oder
weniger stark am Preis für Rohöl.
Allerdings reagieren die Hersteller mit
ihren Preisen auf die Weltmarktpreise
für Agrarrohstoffe und sind durchaus
in der Lage, Preise auch nach unten
hin anzupassen, wie es derzeit bei
Stickstoff, Phosphor und Kali ge-
schieht. Die Düngerproduzenten ha-
ben schließlich einige sehr gute Jahre
hinter sich.
Auswirkungen auf Europa
Wie werden sich die geschilderten
Faktoren auf Europa auswirken? Fakt
ist, dass die hohen Zuckerpreise auch
in Europa bröckeln. Entstanden waren
sie dadurch, dass durch die hohen
Weltmarktpreise die für Europa be-
deutsamen afrikanisch-karibisch-pazi-
fischen Länder (AKP) und die Entwick-
lungsländer (LDC) keine Veranlassung
sahen, ihren Zucker nach Europa zu
verkaufen. Bei niedrigen Weltmarkt-
preisen wird die EU als Verkaufsgebiet
wieder interessant, da den AKP- und
LDC-Ländern hier ein Mindestpreis
garantiert wird. Es ist davon auszuge-
hen, dass mit zunehmenden Importen
in die EU die Zuckerpreise schrittwei-
se zurückgehen. So wie die Preisanpas-
sung bei steigenden Weltmarktpreisen
zeitversetzt in Europa ankam, wird es
voraussichtlich auch bei sinkenden
Preisen geschehen. Eine Änderung ist
erst dann zu erwarten, wenn die Welt-
vorräte, aus welchen Gründen auch
immer, wieder schrumpfen.
Dr. Willi Kremer-Schillings
Pfeifer & Langen Jülich
Die Zuckerrohrern-
te erfolgt in Brasi-
lien zumTeil noch
von Hand, wird
aber auch zuneh-
mend mit Maschi-
nen durchgeführt.
Fotos:
Dr. Helmut Esser
Grafik 3: Weißzucker-Terminkontrakte Euronext London 18.11.2013
Quelle: Agrarmarkt NRW
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Grafik 2: Zuckerexport Brasilien
2008/09
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