Ceres Award (Teil 2)
In der vergangenen Kolumne habe ich Sie bereits auf meiner Ceres-(Gefühls-)Reise mitgenommen und berichtet, dass ich nicht die Unternehmerin des Jahres 2024 geworden bin. Daran möchte ich nun gerne anschließen und verraten, was diese Erfahrung mit mir gemacht hat: Die Verleihung war beendet, als ich von Menschen angesprochen wurde, die wahrscheinlich einfach etwas Nettes sagen wollten. Etwas Nettes wie: „Ach, sei nicht traurig, morgen sieht die Welt schon wieder besser aus“ oder „Nimm es dir nicht zu Herzen. Schließlich kannst du dich im kommenden Jahr ja erneut bewerben.“
Puh, damit hatte ich Schwierigkeiten umzugehen und ja, wollte es sogar in dieser Art fast nicht hören. Denn ich hatte mich intensiv im Vorhinein der achtseitigen-Bewerbung und damit Fragen gewidmet wie: „Inwieweit entspricht Ihr Betrieb den Anforderungen, die die Gesellschaft heute an die Landwirtschaft stellt?“ oder „Was hebt Ihre Strategie von anderen, vergleichbaren Betrieben ab?“ Und war mir damit sicher, all mein Herzblut und den Werdegang meiner letzten drei Jahre in die Bewerbung integriert und damit auch eine realistische Chance auf die Auszeichnung zu haben. Diese Vorleistung und damit verbundene Gefühle dann aber direkt mit gut gemeinten Floskeln, die wir natürlich alle bereits seit unserer Kindheit in- und auswendig kennen, zu unterdrücken, erschien mir nicht ganz richtig.
Auch wenn ich das Risiko des Nichtgewinnens mit der Bewerbung bewusst eingegangen war, war ich dennoch enttäuscht. Und so war das Learning aus dieser Situation nicht: „Künftig bewerbe ich mich nicht mehr für solche Auszeichnungen, dann werde ich auch nicht enttäuscht“, sondern eher ein ganz anderes, viel wichtigeres: Wenn wir etwas vermeiden, verpassen wir vielleicht die Chance auf Erfolg. Aber viel schlimmer ist, dass wir uns der Möglichkeit berauben, zu scheitern, denn damit berauben wir uns auch der Möglichkeit, uns dabei zu beobachten, wie wir an diesem Scheitern wachsen. Denn, liebe Leserinnen und Leser, ist es nicht genau das, was in unserem Leben wichtig ist? An den Stellen, wo wir vermeintlich glauben, scheitern zu können, trotzdem den Mut aufzubringen und anzufangen oder loszugehen. Wenn wir unser selbst gestecktes Ziel dann nicht erreichen, ist es vollkommen in Ordnung, aufkommende negative Gefühle zu „durchleben“. Wir werden aber in jedem Fall mit neuen Erfahrungen gestärkt aus diesem Prozess herausgehen.
Lassen Sie uns doch gemeinsam für 2025 versuchen, Projekte anzugehen oder Entscheidungen zu treffen, die wir vielleicht auch aus Angst vorm Scheitern schon eine ganze Weile aufschieben. Ganz bewusst mit dem Wissen, dass wir daran nur wachsen können – egal ob wir scheitern oder nicht. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten und ein gesundes neues Jahr!
Christina Ingenrieth