14.02.2024

Januarblues

Foto: Elena Peters

Nicht selten nutze ich diese Kolumne auch als eine Art Tagebuch, in dem ich Ihnen von meinen Erfahrungen berichte und sie selbst somit noch einmal „erlebe“. So möchte ich Ihnen in dieser Woche von meinem „Januarblues“ erzählen und wie meine Mentorin, Frau Wolter, zu der ich mittlerweile seit drei Jahren gehe, mir geholfen hat, den Blickwinkel auf die Dinge zu ändern. Aber eins nach dem anderen:

Im Januar liegt der Genholter Hof still, als wäre er im Winterschlaf. Wir beliefern natürlich den LEH und vermieten unsere Gästezimmer weiter, aber Hofcafé und -laden sind geschlossen. Diese vier Wochen nutzen wir dann, um alles einmal gründlich zu putzen, neue Ideen einziehen zu lassen und natürlich auch in den (Ski-)Urlaub zu fahren. Nun saß ich eines Montags bei Frau Wolter, kam frisch aus dem besagten Skiurlaub mit Philipp und hatte meine Eltern in ihren geschickt. Nachdem wir über unser neues Haus im Kreis Heinsberg sprachen, stellte sie mir die ganz einfache Frage „Wie geht es Ihnen, Frau Ingenrieth?“ Puh, mit der Frage hatte ich irgendwie nicht gerechnet. Und womit ich noch weniger gerechnet hatte, waren die Tränen, die mir dazu in die Augen schossen. Ja, wie fühle ich mich? „Es ist so viel“, hörte ich mich sagen, „ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll“. Themen wie Spargelsaisonvorbereitung, Kochsuche, Berechnung der neuen Preise im Hofcafé, die Entscheidung, den geschützten Anbau zu erweitern, die anstehende Obst- und Gemüsetagung des LEHs, wo wir uns präsentieren müssen, sprudelten aus mir he­­raus. Einfühlsam schaute sie mich an und fasste zusammen: „Das sind ganz schön viele Baustellen, die anstrengend, herausfordernd und beängstigend sind, oder?“ Ja, das war es. Und on top kam dazu, dass ich mich gedanklich noch unter Druck setzte, wie zum Beispiel mit „Das hast du dir doch mindestens drei Jahre vorher überlegt“ oder „Als Betriebsleiterin gehört das dazu“. Ich bestätigte ihre Frage mit einem Nicken und antwortete: „Vielleicht bin ich doch zu sensibel für den ganzen Wumms.“

Allein, dass ich diese Sorge einmal aussprechen konnte, ich sei doch nicht ganz so richtig an meiner Position, erleichterte mich. Und erst recht, als Frau Wolter vehement den Kopf schüttelte und entgegnete: „Nein, ganz im Gegenteil: Sie sind genau richtig an dieser Position. Ihre Sensibilität hilft Ihnen, den GeHo zu führen. Sie können wahnsinnig gut analytisch denken und punkten mit einer ausgeprägten Beobachtungsgabe. Denken Sie on top nur noch daran, dass es immer weitergeht – egal was kommt!“ Gleichzeitig kam mir wieder der Satz von Lynn Goldberg in den Sinn, der schon einmal hier Platz gefunden hat: „Du brauchst immer nur genug Mut für den nächsten Schritt, nicht die ganze Treppe“, mit dem ich nun in den Februar starten werde.

Christina Ingenrieth