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Die Deutsche Bischofskonferenz hat eine Studie vorgelegt, die kurz nach ihrem Erscheinen die Gemüter in der Landwirtschaft aufwühlt. Den Verfassern kann man nur entgegnen: Die Kirche im Dorf zu lassen – das klappt so nicht.
Wenn jemand sagt, man soll die Kirche im Dorf lassen, meint er, etwas im vernünftigen Rahmen zu betrachten und nicht zu übertreiben. Viele Landwirtinnen und Landwirte sowie Landfrauen würden sich genau das von den Kirchen wünschen. Denn statt einer Annäherung spüren die Christen unter ihnen, dass sich Kirchenvertreter immer mehr von ihnen entfernen. Die lassen beim Thema Landwirtschaft die Kirche eben nicht mehr im Dorf und sitzen auch einmal ideologischen Narrativen auf. Speziell die Katholische Kirche bringt die Gemüter aktuell in Wallung. Vergangene Woche wurde die Studie einer sogenannten Expertenkommission vorgestellt, die von der Bischofskonferenz in Auftrag gegeben worden war. Die umfasst 76 Seiten und trägt den Titel „Ernährungssicherheit, Klimaschutz und Biodiversität: Ethische Perspektiven für die globale Landnutzung”. Darin wird ein Umsteuern in der Agrarpolitik gefordert. Eine Kernbotschaft ist, dass „eine globale Nutzungswende von Agrarflächen dringend geboten” ist.
Ich bin kein Theologe und ich habe als evangelischer Christ schon gar keinen Überblick darüber, welcher Papst welches Dogma postuliert hat. Ich erinnere mich aber an eine Rede von Papst Franziskus zum UN-Klimagipfel vor drei Jahren. Damals hat er folgendes gesagt: „Alles hängt zusammen, alles in der Welt ist eng miteinander verbunden. Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch unsere Glaubensüberzeugungen und spirituellen Traditionen betonen diese Verbindung zwischen uns allen und dem Rest der Schöpfung.“
Ich kann dieser Feststellung zustimmen. Natürlich hat das, was in der modernen westlichen Welt passiert, Einfluss auf die Lebensumstände der Menschen auf der südlichen Erdhalbkugel. Deshalb kann sich die moderne Landwirtschaft nicht ihrer Verantwortung für den sorgsamen Umgang mit Natur und Mitgeschöpfen entziehen. Ich registriere bei dem Durchlesen, dass auch die Verfasser des Werks die Worte von Franziskus im Hinterkopf hatten und versucht haben, das Thema in seinen vielen Facetten zu durchdringen. Bei dem Versuch ist es allerdings geblieben. Denn zu beurteilen, was Landwirtschaft heute, gerade in unseren Breiten, schon leistet, um die Schöpfung zu bewahren, dazu reichen Kompetenzen in Philosophie, Sozialwissenschaften, Ethik oder Theologie sicher nicht aus. Die waren in der Kommission aber in der Mehrheit.
Mit Prinz zu Löwenstein einen vehementen Verfechter der ökologischen Wirtschaftsweise und ausgewiesenen Kritiker der konventionellen Landwirtschaft einzubeziehen, ist in meinen Augen nicht einmal ein Feigenblatt. Es ist der Beleg dafür, dass die Kommission und damit die Bischofskonferenz den eigenen Ansprüchen nicht gerecht geworden ist. In der Studie wird der Kirche Verantwortung dafür zugeschrieben, „einen gesamtgesellschaftlichen Dialog und Wandel voranzubringen”; sie sieht sich dabei „als eine Dialogermöglicherin, welche verschiedene Akteure zusammenbringt und sie ermutigt, ihrer gemeinsamen Verantwortung gerecht zu werden …”. Aber wie kann man Dialog ermöglichen, wenn man die Mehrheit der Land bewirtschaftenden Menschen ausgrenzt? Den Dialog ermöglicht hätte vielmehr die Einbeziehung weiterer Landwirtinnen und Landwirte mit anderen Wirtschaftsformen. So hätte die Kommission vielleicht auch festgestellt, dass sich ohne die in der Studie zigmal gescholtene Effizienz Forderungen an anderer Stelle gar nicht erfüllen lassen. Oder wie sonst ließe sich der Knoten lösen, dass die Ausweitung von Ackerflächen laut Kommission keine Option ist, da der Klimaschutz mehr Flächen braucht für Windräder, Sonnenkollektoren und den Erhalt der Artenvielfalt? Mehr Lebensmittel zu erzeugen ohne mehr Fläche und sogar noch weniger Fläche zu beanspruchen, geht nun mal nicht ohne mehr Effizienz.
Laut der 2016 erschienenen Einheitsübersetzung der Bibel heißt es im Lukas-Evangelium (Lk. 6, 29): „Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin!” Viele Menschen, die sich der Landwirtschaft und dem christlichen Glauben gleichermaßen verbunden fühlen, haben schon zigmal die rechte und die andere Wange hingehalten und den Gemeinden wieder und wieder nahegebracht, dass Land zu bewirtschaften eine Verpflichtung über das Jetzt hinaus und für kommende Generationen ist. An den Verfassern des Berichts und ihre Auftraggeber in der Bischofskonferenz scheint das vorbeizugehen, obwohl es genau diese engagierten Menschen sind, die auf dem Land oftmals die Kirchengemeinden am Leben erhalten. Der Vorsitzende der Bischofskonferenz, der Limburger Bischof Dr. Georg Bätzing, hat kürzlich die Mitglieder der Klimabewegung „Die letzte Generation” in eine Reihe gestellt mit den frühen Christen. Ob er für die gläubigen Landwirtinnen, Landwirte und Landfrauen, die mancher Kleriker wegen ihres Berufs schon auf die Wange geschlagen hat, genauso viel Ehrerbietung übrighat? Bei den anstehenden Erntedankgottesdiensten darf man ruhig genauer hinhören.