Regenurlaub
Im vergangenen Österreichurlaub habe ich mich selbst wieder dabei erwischt, dass einem dieses „nichts tun“ nicht immer ganz leichtfällt. Aber eins nach dem anderen: Philipp und ich fahren im Herbst gerne nach Österreich, um die Kombination aus Auspowern beim Wandern mit regionaler Kulinarik zu genießen. Was passiert aber nun, wenn das Wetter so umschwenkt, dass von acht Tagen Urlaub kaum einer sich als wandertauglich herausstellt? Es macht sich ganz langsam und unterschwellig Unzufriedenheit breit. In einer WhatsApp-Nachricht an meine Freundin Désirée formulierte ich es so: „Wir sind nicht dafür gemacht, nur zu essen und zu chillen.“ Ihre Antwort kam prompt: „Mir bleibt jetzt einfach nichts anderes übrig, als diese Sprachnotiz zum Schimpfen zu nutzen. Und zwar mit erhobenem, pädagogischem Zeigefinger in deine/eure Richtung: Natürlich, wenn man blödes Wetter hat und an einem Ort ist, der sehr wetterabhängig ist (zum Beispiel in den Bergen), ist das nicht schön. Aber in einem Urlaub, der selten ist und auf den ihr hingefiebert habt, wo ihr endlich mal Zeit für euch und Ruhe habt, dann zu sagen, ich bin unzufrieden, weil das Wetter nicht stimmt, kann ich gelinde gesagt nicht verstehen. Entweder ihr sucht euch einen Ort, an dem ihr im September Sonnengarantie habt, oder aber (und das wäre mein Tipp gerade für euch): Ihr lernt zu relaxen, zu lesen oder aber euch von mir aus auch tagsüber schon die erste Flasche Wein in den Kopf zu knallen. In Gänze einfach etwas tun, was ihr ansonsten zeitlich nicht hinkriegt, weil eure beiden Betriebe das nicht ermöglichen.“
Nach dieser Message atmete ich erst mal tief durch. Ich fühlte mich erwischt. Schrieb ich nicht vor fast einem Jahr an dieser Stelle darüber, wie wichtig es sei, bewusst nichts zu tun? Und dass gerade wir in der Selbstständigkeit doch die Möglichkeit, vielleicht sogar die Pflicht hätten, uns um uns selbst zu sorgen und auf uns zu achten? Also holte ich mir nach einer halben Stunde Selbstmitleid an der Bar einen Sekt, schnappte mir mein 400 Seiten starkes Buch (ich verreise schließlich nie ohne eine kleine Bibliothek) und pflanzte mich mit Wärmflasche auf unsere Terrasse mit Blick auf den Naturteich. Ich konnte in dem Moment zwar das Wetter nicht ändern, dank meiner Freundin Désirée jedoch meinen Blickwinkel darauf.
Daher wünsche ich Ihnen und mir, dass wir nicht allzu streng mit uns sind. Schließlich gilt: „Jeder Tag ist ein Geschenk. Manchmal blöd verpackt, manchmal die falsche Farbe, aber manchmal eben auch genau das, was du dir gewünscht hast.“
Christina Ingenrieth