Richtig statt reißerisch
Landwirtinnen und Landwirte fühlen sich in den Medien oft einseitig dargestellt – als Umweltsünder oder Tierquäler. Für eine faire öffentliche Wahrnehmung braucht es differenzierte Berichterstattung und aktive Kommunikation seitens der Landwirtschaft.
Viele Landwirtinnen und Landwirte haben den Eindruck, dass sie in Medienberichten vor allem als Umweltsünder und Tierquäler an den Pranger gestellt werden. Ständig gibt es neue Skandale, weil Tierrechtsorganisationen heimlich aufgenommenes Videomaterial veröffentlichen, und die Pflanzenschutzspritze ist durch Medienberichte mittlerweile zum Symbol für Umweltsünden geworden. Doch warum ist das so? Einer der Hauptgründe ist wohl das Phänomen, dass negative Schlagzeilen oft mehr Aufmerksamkeit erhalten als positive. Deshalb arbeiten einige Redaktionen leider nach dem Grundsatz: „Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten.“ Vor allem öffentlich-rechtliche Medienhäuser wie der Westdeutschen Rundfunk (WDR) sollten dazu einen Gegenpol bilden, also ausgewogen und konstruktiv berichten. Das gelingt dem WDR mal mehr und mal weniger.
Dass der Sender es kann, zeigt ein aktuelles Beispiel vorgeblicher Tierwohlverstöße. Die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch hatte kürzlich einen Zusammenschnitt von Videoaufnahmen veröffentlicht, die in bundesweit 20 Ställen gefilmt wurden. Darunter ist auch der Betrieb von Schweinehalter Willi Steffens in Brüggen. Die Aufnahmen zeigen, wie einer seiner Mitarbeiter mit einem Stock auf Schweine einschlägt. Anstatt den Landwirt vorschnell an den Pranger zu stellen, war der WDR für Dreharbeiten auf seinem Betrieb und hat ihm die Möglichkeit gegeben, Stellung zu den Vorwürfen zu beziehen. Außerdem wurde der Präsident der Tierärztekammer Nordrhein als Experte zu den Aufnahmen befragt und es kam eine Sprecherin der Tierrechtsorganisation zu Wort. Hier kann man also von einer ausgewogenen Berichterstattung sprechen, bei der die verschiedenen Standpunkte zu Wort kommen, sodass sich die Zuschauer ihr eigenes Urteil bilden können.
Anders sieht das bei einem Beitrag des WDR-Formats Quarks aus, der vor Kurzem in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde. Die Überschrift lautet: „Den Wolf leichter abschießen: Darum ist das nicht die Lösung“. Aufhänger war die Herabstufung des Wolfsschutzes auf EU-Ebene. Quarks bezieht sich auf eine Studie, die besagt, dass Abschüsse allein nicht die Lösung sind, sondern Herdenschutz sinnvoller ist. In dem Post wird außerdem betont, welche Gründe es aus ökologischer Sicht gibt, den Wolf zu schützen. Dass Herdenschutz an vielen Stellen versagt und Weidetiere trotz Schutzmaßnahmen von Wölfen gerissen werden, findet aber leider keine Erwähnung.
Das ist schade, allerdings zum Teil auch dem Format und dem Thema geschuldet. Vor allem in den sozialen Netzwerken müssen Inhalte möglichst kurz und kompakt aufbereitet werden. Wie auch bei vielen anderen landwirtschaftlichen Themen ist die Debatte um den Wolf jedoch komplex, auch durch die Gesetzgebungen auf EU-Ebene. Die Redaktionen stehen also vor der Herausforderung, komplexe Themen möglichst einfach zu vermitteln, und das in einer Zeit, in der die Gesellschaft immer weniger Berührungspunkte mit der Landwirtschaft hat. Dieses Spannungsfeld schildert auch die WDR-Redakteurin Ute Schyns im Interview ab S. 16.
Das erklärt allerdings nicht, warum es über zwei Wochen gedauert hat, bis die Presseabteilung des WDR uns die Druckfreigabe für das Interview erteilt hat. Zumal darin keine brisanten Aussagen vorkommen. Es wäre schön, wenn der WDR alle seine Beiträge so ausführlich prüfen würde wie dieses Interview.
Umso wichtiger ist es, dass die Landwirtinnen und Landwirte selbst Öffentlichkeitsarbeit machen, damit die Menschen Kühe und Weizen nicht nur aus dem WDR-Programm kennen. Dass Verbraucherinnen und Verbraucher durchaus interessiert sind, sich ein eigenes Bild auf den Höfen zu machen, zeigt die rege Teilnahme an der Höfetour, die die Kreisbauernschaft Krefeld-Viersen letztes Wochenende organisiert hat. Noch besser ist es, wenn die Menschen auf den Betrieben sogar selbst mit anpacken. Das war am 24. Mai im Rahmen des alljährlichen Aktionstags „Landwirt:in für einen Tag“ des Forums Moderne Landwirtschaft wieder möglich.
Das kann natürlich nicht jeder möglich machen, deshalb ist die Landwirtschaft auch darauf angewiesen, wie Medien über sie berichten. Damit Leser, Hörer und Zuschauer die Lebensrealität von Landwirten besser nachvollziehen können, ist es allerdings wichtig, dass Vertreter der Landwirtschaft diese anschaulich vermitteln. Wenn zum Beispiel eine Presseanfrage zum Thema Wegfall von Wirkstoffen im Pflanzenschutz kommt, sollten die befragten Landwirte anhand von Zahlen darstellen, welche konkreten Auswirkungen das auf ihren Betrieb hat. Um die Berichterstattung über Landwirtschaft in Zukunft zu verbessern, würde es auch helfen, Medienvertreter zu Infoveranstaltungen auf Betriebe einzuladen. Schlussendlich sind Journalisten und Landwirte beide in der Verantwortung, welches Bild der Landwirtschaft nach außen getragen wird.