05.06.2024

Was deutsche Kandidaten wollen

Foto: imago/Maximilian Koch

Deutsche Agrarpolitiker wollen die EU-Agrarbeihilfen stärker qualifizieren. Über die Art und Weise, wie dies geschehen soll, bestehen erhebliche Auffassungsunterschiede. In der kommenden Legislaturperiode stehen hierzu wichtige Entscheidungen an. So läuft die aktuelle Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) Ende 2027 aus. Für den EU-Agrarhaushalt in den Jahren danach wird die Einigung über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) entscheidend.

Der für die CSU bei der Europawahl auf Listenplatz sechs platzierte Stefan Köhler drängt bei der GAP auf hinreichend einkommenswirksame Agrargelder. Zudem müssten die Eco-Schemes stärker als bisher mit Finanzmitteln hinterlegt werden. Wenn die Bauern hier richtig Geld verdienen könnten, würden viele Maßnahmen für sie sehr attraktiv werden, so der Unterfranke. Darüber hi­­naus pocht Köhler, der auch Umweltpräsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) ist, bei der GAP auf mehr Digitalisierung und eine deutlich einfachere Antragstellung. Für den künftigen Agrarhaushalt fordert Köhler mindestens eine Beibehaltung, wenn möglich eine Aufstockung. Anderenfalls könne von den Landwirten nicht verlangt werden, mehr Leistungen für den Umweltschutz und zur Erfüllung weiterer gesellschaftlicher Wünsche zu erbringen.

Der für Bündnis 90/Die Grünen auf Listenplatz sechs kandidierende Martin Häusling drängt da­­rauf, den nach seiner Ansicht erfolgten „Rollback“ beim Agrar-umweltschutz zu korrigieren. Für den Agrarsprecher der Grünen/EFA im EU-Parlament müssen Agrar- und Umweltpolitik wieder stärker gemeinsam gedacht werden. Schon vor dem Hintergrund eines früher oder später stattfindenden EU-Beitritts der Ukraine muss aus Sicht Häuslings das derzeitige System der Direktbeihilfen weitgehend gestrichen werden. Sonst würde mehr als ein Drittel der EU-Agrarbeihilfen allein in die Ukraine gehen. Deshalb ist es für den Grünen-Politiker entscheidend, dass die Agrargelder in Zukunft viel stärker qualifiziert und an Umweltleistungen geknüpft werden.

Maria Noichl, die für die SPD auf dem dritten Listenplatz kandidierende EU-Abgeordnete, pocht ebenfalls auf eine andere Agrarförderpolitik. Die Agrarsprecherin der SPD-Europaabgeordneten will die weitgehend „leistungslosen Direktzahlungen“ streichen und diese durch Beihilfen für konkrete Umweltleistungen der Landwirte ersetzen. EU-Agrargelder sollten künftig größtenteils nur noch nach dem Grundsatz „öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen“ bereitgestellt werden. Zudem sei es wichtig, dass man diesen Wechsel möglichst bald vornehme. Auch die SPD-Politikerin gab zu bedenken, dass das gegenwärtige System der Flächenzahlungen spätestens bei einem Beitritt der Ukraine nicht mehr leistbar wäre. Das zukünftige EU-Agrarbudget könne in seinem Umfang nur bei einem sehr viel stärkeren Beitrag zur Einhaltung der Green-Deal-Ziele verteidigt werden.

Die Spitzenkandidatin der Freien Wähler, Christine Singer, fordert beim Green Deal mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten für die Bauern und weniger ordnungspolitische Fremdeinmischung. Aus Sicht der BBV-Landesbäuerin sind die Direktzahlungen eine wesentliche Säule der GAP. Gleichzeitig plädiert sie für mehr „attraktive Entscheidungsalternativen“. So müssten die Eco-Schemes mit sehr viel mehr Geld hinterlegt werden, um den Landwirten etwa für Umweltleistungen alternative Einkünfte anzubieten. Ferner zeigt sich Singer überzeugt, dass die Agrarproduktion mit der Klimaschutzpolitik Hand in Hand gehen muss. Nachdrücklich pocht sie da­­rauf, der Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln mehr Gewicht einzuräumen. Im Hinblick auf das EU-Agrarbudget nach 2027 drängt sie auf mehr Geld. Anderenfalls werde es für den Sektor schwierig, den Green Deal wirksam mitzugestalten.

AgE