Zuckerrübenjournal 2/2012 - page 3

Z U C K E R T E C H N I K A N B A U B E T R I E B S W I R T S C H A F T M A R K T
P O L I T I K
A K T U E L L E S
Einer der Gründe für den aktuell hohen
Preis ist vor allem in Brasilien zu suchen,
dem Land mit dem höchsten theoreti-
schen Exportvolumen für Zucker. Nach
zehn Jahren ungebremsten Wachstums
hat Brasilien in den letzten zwei Jahren
eher schwache Ernten eingefahren. Die
Ernte 2011 / 12 fiel sogar unter die Gren-
ze von 500 Mio. t Zuckerrohr. Dies lag
zum einen an der Witterung, zum ande-
ren aber auch in der Finanzkrise begrün-
det. Aufgrund schwieriger gewordener Fi-
nanzierungsmöglichkeiten wurden die
Zuckerrohrplantagen ein Jahr länger im
Anbau belassen, was zu zurückgehenden
Erträgen und niedrigeren Zuckergehalten
führte. Kreditfinanzierte Betriebsmittel,
allem voran Dünger, wurden ebenfalls in
geringerem Umfang eingesetzt, zumal
diese nur zu hohen Preisen zu haben wa-
ren und immer noch sind. Investitionen in
neue Zuckerrohrfabriken wurden ebenso
nicht im geplanten Umfang realisiert wie
die Ausdehnung der Anbaufläche.
Eine weitere Einflussgröße ist der Preis
für Ethanol, denn etwa die Hälfte des bra-
silianischen Zuckerrohrs wird nicht zu Zu-
cker, sondern zu Bioethanol verarbeitet.
Aufgrund der schon vor Jahrzehnten ein-
geleiteten – und gewollten – Entwicklung
setzt Brasilien in seiner Politik der Mobili-
tät voll auf diesen Treibstoff. Neu zugelas-
sene Pkw fahren fast ausschließlich mit
reinem Bioethanol oder mit Gemischen,
die bisher 25 % Ethanol enthalten. Dies
war bei ständig steigenden Produktions-
mengen von Zuckerrohr auch kein Pro-
blem. Aufgrund der knappen Ernte wurde
vor kurzem jedoch die Zumischung auf
20 % begrenzt, um die Versorgung zu ge-
währleisten. Ohnehin musste das Land
2011 Bioethanol in nennenswerten Men-
gen aus den USA importieren. Bei hohen
Weltmarktpreisen für Zucker ist es für den
brasilianischen Verarbeiter von Zuckerrohr
interessanter, wieder mehr davon zu Zu-
cker zu verarbeiten. Doch nicht jede Fabrik
ist dazu in der Lage, da viele, vor allem
neuere Fabriken nur auf die Herstellung
von Ethanol ausgerichtet sind.
Indien exportiert wieder
Neben Brasilien spielen aber auch andere
Länder eine größere Rolle im globalen
Zuckergeschäft. So ist Indien mit einer
Produktionsmenge von derzeit rund
25 Mio. t mit rund 1 Mio. t wieder zum
Zuckerexporteur geworden, nachdem es
Jahre zuvor mit rund 13 Mio. t nur knapp
die Hälfte selbst erzeugte und auf Impor-
te angewiesen war. ImVergleich zu Brasi-
lien ist Indien somit derzeit ein eher zu
vernachlässigender Mitspieler auf dem
Exportmarkt. Indonesien hofft, auf Im-
porte verzichten zu können, Thailand
rechnet mit einer guten Ernte, die Expor-
te im beschränkten Umfang möglich ma-
chen könnte.
Australien, das noch in den Jahren
2002 bis 2004 mehr als 4 Mio. t expor-
tierte, war aufgrund einer katastrophalen
Dürre 2010 auf eine Exportmenge von
2 Mio. t zurückgefallen und plant für
2012, rund 3 Mio. t auf demWeltmarkt
zu verkaufen. Die Anbaufläche wurde um
rund 10 % ausgedehnt und wenn das
Wetter mitspielt, sollte dies realistisch
sein.
Und in Europa?
Die EU, vor der Reform der Zuckermarkt-
ordnung neben Brasilien einer der großen
Exporteure, hat 2011 / 12 eine große Ern-
te eingefahren. Geschätzte 5 Mio. t Zu-
cker außerhalb der Quote wurden produ-
ziert, ein geringer Teil davon (0,65 Mio. t)
wurde bisher in Quotenzucker gewandelt
und so zumVerkauf für den innereuropäi-
schen Markt freigegeben. Die verbleiben-
den Mengen an Nichtquotenzucker müs-
sen in Märkte verkauft werden, die nicht
der menschlichen Ernährung dienen.
Gleichzeitig werden aber auch Import-
mengen vomWeltmarkt zugelassen. Ob
sich aber bei anhaltend hohen Welt-
marktpreisen Verkäufer finden, die den
EU-Markt beliefern, bleibt abzuwarten.
Schon einmal wurde die zugelassene Im-
LZ 19 · 2012
Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
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Der Zuckerpreis schwankt seit Mitte letzten Jahres bis Mitte
April nur gering auf sehr hohem Niveau zwischen 450 und
480 €/ t. Der zuletzt aufgerufene Termin für August 2012 lag
allerdings mit rund 440 €/t etwas darunter. Einiges nährt je-
doch die Vermutung, dass sich die Situation amWeltmarkt
nicht grundlegend ändert.
Das Zünglein an der Waage
Der zukünftige Weltmarktpreis für Zucker wird maßgeblich von Brasilien beeinflusst
Foto: Natascha Kreuzer
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