BMEL-Entwurf geht in die Anhörung
Das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) verfolgt weiter sein Ziel, die Lieferbeziehungen zwischen Milcherzeugern und Molkereien staatlich zu regeln. Am Dienstag vergangener Woche hat das Ressort seinen Verordnungsentwurf der nationalen Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) in die Länder- und Verbändeanhörung gegeben.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir begründete den Schritt damit, er wolle Planungssicherheit für Milchbauern schaffen. Es müsse doch selbstverständlich sein, „dass sie nicht wochenlang um ihr Geld zittern müssen“. Özdemir berief sich dabei auf eine Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL). Die spricht sich in ihrem zweiten Bericht zwar dafür aus, verbindliche Lieferverträge mit konkreten Angaben über Menge, Qualität, Preis und Laufzeit des Vertrages umzusetzen, betont aber zugleich, dass bei Genossenschaften die Satzungsautonomie „unbedingt zu beachten“ sei.
Schwankungen abmildern
Nach dem Verordnungsentwurf des BMEL sollen Molkereien für ihre Rohmilchlieferungen zu schriftlichen Verträgen mit Bestimmungen unter anderem zu Preis und Menge verpflichtet werden. Genossenschaften sollen von dieser Vertragspflicht ausgenommen sein, sofern ihre Lieferordnungen oder Satzungen Bestimmungen enthalten, die in ihrer Wirkung den Bestimmungen für verpflichtende Verträge ähnlich sind. Darüber hinaus sollen die Molkereien verpflichtet werden, den Erzeugern ein Angebot für einen Preis-Mengen-Bezug zu unterbreiten. Demgegenüber war das Kieler Institut für Ernährungswirtschaft (ife) in einer kürzlich vorgelegten Studie zu dem Ergebnis gekommen, dass Festpreismodelle für die Milcherzeuger mit erheblichen Kostenrisiken verbunden seien. Eine Besserstellung am Markt werde nicht erreicht. Auf der Seite der Molkereien drohe ein erhöhter Strukturwandel. Die Wissenschaftler sehen kein Marktversagen, das einen staatlichen Eingriff in die Vertragsbeziehungen rechtfertigen würde.
DBV und DRV kritisieren den Vorstoß
Der Deutsche Bauernverband (DBV) und der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) haben den Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministeriums zur nationalen Umsetzung des Artikels 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) kritisiert. Dass Ressortchef Cem Özdemir sein Engagement mit Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) in Verbindung bringt, wollen beide Verbände nicht stehen lassen. DBV-Vizepräsident Dr. Holger Hennies, zugleich Mitglied der ZKL, stellte klar, dass die ZKL die nationale Anwendung des Artikels 148 GMO „explizit ausgeschlossen“ habe. DBV-Milchpräsident Karsten Schmal warnte, dass eine Anwendung des Artikels 148 die Milcherzeuger nicht stärken, sondern im Gegenteil zu niedrigen Erzeugerpreisen führen würde. Positiv reagiert umgekehrt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) und die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) auf den Vorstoß von Özdemir. BDM und AbL sprechen von einem wichtigen Schritt hin zu mehr Marktwirtschaft. Der Milchindustrie-Verband (MIV) forderte eine klare Absage an die nationale Umsetzung von Artikel 148 GMO. Die freiwillige, marktnahe Praxis sowie Absicherungsmodelle hätten sich bewährt und sollten gestärkt werden.
AgE