02.07.2025

Seltene Ackerkräuter für kommende Generationen ernten

Foto: Stiftung Rheinische Kulturlandschaft

Lebensfelder-Feldtage und Fachtagung zeigen Vermehrungs- und Erhaltungsprojekte seltener Ackerarten in Börde und Eifel

Wer den Betrieb von Martin Courth in Köln-Esch das erste Mal besucht, kann nur staunen angesichts der Vielfalt, die hier angebaut wird: Mehr als 70 verschiedene Wildpflanzenarten aus dem Westdeutschen Tiefland vermehrt der Landwirt hier mit seinem Team. In diesem Jahr gehören dank des Naturschutzprojekts „Lebensfelder – Praxisstandards zur Wiederansiedlung von Ackerwildkräutern“ der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft auch acht seltene Ackerwildkrautarten dazu. Diese waren nun bei Feldtagen im Rahmen der Exkursionstagung zum Schutz der Ackerwildkräuter zu besichtigen.

Großes Interesse

Mehr als 90 Teilnehmende aus Naturschutz und Landwirtschaft, Wissenschaft und von Behördenseite nutzten die Gelegenheit, die Pflanzenraritäten bei zwei „Lebensfelder“-Feldtagen in natura zu sehen und sich zuvor bei einer Fachtagung im LVR-Freilichtmuseum Kommern über neue Erkenntnisse zu deren Erhaltung auszutauschen. Nicht nur aus ganz Deutschland, sogar aus Österreich, Luxemburg und den Niederlanden waren Interessierte in die Eifel gereist.

Denn ob Acker-Löwenmaul oder Großer Frauenspiegel, Gezähnter Feldsalat oder Acker-Filzkraut, für sie alle gilt: Diese früher häufigen Arten bergen als Teil einer vielfältigen, niedrigwüchsigen Ackerflora großes Potenzial. Und das nicht nur für den Naturschutz, sondern auch für die Stabilisierung landwirtschaftlicher Erträge – sei es als Erosionsschutz und Nährstoffquelle, als Nützlingsmagnet, Konkurrenz für Pro­blembeikräuter oder künftige Arzneipflanze.

Mit Lupe, Lottoglück …

Heute sucht man die konkurrenzschwachen Arten jedoch oft vergebens, für Fahndungserfolge ist echte Detektivarbeit nötig. Diese ließ sich hautnah bei den Feldtagen der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft erleben, bei denen gemeinsam mit der Biologischen Station Euskirchen, Kooperationspartner der Tagung, auch Sammelflächen in der Eifel vorgestellt wurden. Hier wurde deutlich, dass gerade bei einjährigen Arten das Sammeln von Saatgut ein Glücksspiel ist. Denn selbst artenreiche Flächen geben nicht in jedem Jahr all ihre Saatgutschätze preis, sondern viele Faktoren von der Witterung über den Einsaatzeitpunkt bis zur Kulturfrucht müssen stimmen.

… und Hacke

Entsprechend beschwerlich gestaltete sich auch im Projekt „Lebensfelder“ die Sammlung des Saatguts, das nun unter anderem auf dem Betrieb in Köln vermehrt wird. Mühselig geht es hier weiter: Einzelne Arten werden bereits in Direktsaat angebaut, was maschinelles Säen, Hacken und Ernten erlaubt. Der Großteil der Arten wird jedoch vorgezogen und in Mulchgewebe ausgepflanzt, um kein Korn des wertvollen Saatguts zu verschwenden. Die Folge: Handarbeit, Handarbeit und nochmals Handarbeit.

Anbauer gesucht

In einigen Regionen Deutschlands, etwa der Eifel, werden daher noch Vermehrungsbetriebe für Wildpflanzensaatgut gesucht. Für das Projekt „Lebensfelder“ konnten auch in dieser Region Betriebe gefunden und ebenfalls bei den Feldtagen vorgestellt werden. Einzelne Arten warten jedoch noch auf experimentierfreudige Anbauer. An einer Vermehrung interessierte Acker- und Gartenbaubetriebe aus der Eifel und der Niederrheinischen Bucht können sich an das Projektteam der Stiftung Rheinische Kulturlandschaft wenden.

Wie geht es nun mit dem wertvollen Saatgut weiter? Im Projekt konnten zehn landwirtschaftliche Betriebe in Börde und Eifel für die Erhaltung der konkurrenzschwachen Arten auf ihren Äckern gewonnen werden. Dort sollen in den kommenden Jahren durch Wiederansiedlungen „Lebensfelder“ mit ackerwildkrautfreundlicher Bewirtschaftung im gleichnamigen Projekt geschaffen werden. Finanziert wird dieses gemeinsame Engagement von Landwirtschaft und Naturschutz durch das Bundesamt für Naturschutz und die Landwirtschaftliche Rentenbank im Rahmen des Bundesprogramms für Biologische Vielfalt.

Weitere Infos zum Projekt „Lebensfelder“ und den ausführlichen Tagungs­bericht gibt es unter www.rheinische-kulturlandschaft.de/lebensfelder.

Stiftung Rheinische Kulturlandschaft