Zuckerrüben Journal Nr. 3/2015 - page 5

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A K T U E L L E S
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Christian Schmidt,
Bundeslandwirt-
schaftsminister
Journal: Die Quotenregelung für Zu-
cker läuft 2017 aus. Wie es danach
weitergeht, darüber wird viel speku-
liert. Wie schätzen Sie die Situation in
Deutschland ein, was kommt auf den
Zuckersektor zu?
Schmidt:
Der Wegfall der Quotenrege-
lung ab 2017 stellt den Zuckersektor
ohne Frage vor große Herausforderun-
gen. Die genauen Auswirkungen der
Liberalisierung lassen sich nur schwer
prognostizieren, sie hängen von vielen
unsicheren Faktoren ab: vor allem von
den Weltmarktpreisen, dem Konkur-
renzverhältnis von Zucker zu alternati-
ven Süßungsmitteln, wie Isoglukose
aus Mais, der Wettbewerbsfähigkeit
von Zuckerrüben gegenüber alternati-
ven Feldfrüchten, wie Weizen oder
Raps. Mittelfristig sehe ich die deut-
sche Zuckerwirtschaft gut aufgestellt.
Sie ist seit der Reform von 2006 we-
sentlich effizienter geworden und
wird sich deshalb im internationalen
Wettbewerb behaupten.
Journal: Zurzeit wird viel über TTIP,
das Freihandelsabkommen zwischen
Europa und den USA, diskutiert. Was
hat der Zuckersektor davon zu erwar-
ten? Sind neue Importzugeständnisse
zu befürchten?
Schmidt:
Grundsätzlich muss die Eu-
ropäische Union im Rahmen der Ver-
handlung von Freihandelsabkommen
sehr unterschiedliche Interessen be-
rücksichtigen und abwägen. Zweifellos
müssen dabei auch immer die Wirkun-
gen auf die einzelnen Sektoren und im
Besonderen dann auch auf die Zucker-
wirtschaft bedacht werden.
Natascha Kreuzer
LZ 32 · 2015
Zuckerrübenjournal
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Journal: Herr Minister, Sie waren
beim CIBE-Kongress in Berlin dabei.
Welche Eindrücke haben Sie von dort
mitgenommen? Welche Stimmung
herrscht bei Europas Rübenanbauern?
Schmidt:
Angesichts der derzeit gene-
rell schwierigen Marktlage für Zucker
war die Stimmung natürlich nicht eu-
phorisch. Es gibt Sorgen und Fragen,
aber auch Entschlossenheit. Ich konnte
trotz allem die Zuversicht der Branche
verspüren, dass die Herausforderun-
gen, die mit dem Auslaufen der Quo-
tenregelung 2017 verbunden sind, be-
wältigt werden können und wir auch
zukünftig eine gute Chance für einen
leistungsfähigen Zuckerrübenanbau
und Zuckersektor in Deutschland ha-
ben.
Journal: Die Lage auf dem europä-
ischen Zuckermarkt ist zurzeit sehr
schwierig, nicht nur aufgrund der un-
günstigen Preise, sondern auch wegen
der Zuckermengen aus dem letzten
Jahr, die den Markt belasten. Wie kön-
nen Sie als Minister auf diese Situati-
on reagieren und was können Sie für
die Rübenanbauer tun?
Schmidt:
Der Zuckersektor durchläuft
eine schwierige Umbruchphase, die
politisch flankiert werden muss. Meine
Zielvorgabe ist, dass ich die Zuckerpro-
duktion in Deutschland halten will –
sowohl im Übergang als auch nach
dem Ende der Quotenregelung 2017.
Zur Unterstützung der Zuckerwirt-
schaft kann die Einführung einer Bei-
hilfe für die private Lagerhaltung für
Nichtquotenzucker geprüft werden.
Ich begrüße daher, dass EU-Kommissar
Phil Hogan nach der Diskussion im
Agrarrat im Januar 2015 eine Exper-
tengruppe für den Zuckersektor einge-
setzt hat, in der auch kurzfristige Maß-
nahmen zur Marktstabilisierung ge-
prüft werden. Die bisherigen Diskussi-
onen haben gezeigt, dass die
Kommission diesen Überlegungen al-
lerdings kritisch gegenübersteht. Den-
noch ist es mir ein Anliegen, tragfähige
Lösungen für den Sektor zu finden.
Mittelfristig sehe ich Möglichkeiten
zur Unterstützung der Rübenbauern
zum Beispiel im Bereich der Förde-
rung der Zuckerrübenzüchtung. Hier
bietet unter anderem das Förderpro-
gramm „Nachwachsende Rohstoffe“
meines Hauses gute Anknüpfungs-
punkte.
Daneben gilt es auch, alternative Ver-
wendungsmöglichkeiten der Zuckerrü-
be, zum Beispiel im Bereich der stoffli-
chen Nutzung nachwachsender Roh-
stoffe, weiter zu betrachten. Auch hier
gibt es bereits gute Ansätze. Außerdem
werde ich mich dafür einsetzen, dass
nach 2017 das System der Preisbericht-
erstattung beibehalten wird und ver-
lässliche Zucker- und Isoglukosebilan-
zen für die EU erstellt werden. Dies ist
für mich die Basis für faire Branchen-
vereinbarungen zwischen Rübenan-
bauern und Zuckererzeugern. Zudem
werde ich die gekoppelten Zahlungen
für den Anbau von Zuckerrüben in an-
deren Mitgliedstaaten weiterhin kri-
tisch begleiten, auch wenn diese Frage
nicht kurzfristig lösbar ist. Es muss
aber zumindest sichergestellt sein,
dass die Zahlungen nicht zu einer Aus-
weitung der Produktion in
diesen EU-Mitgliedstaaten
führen.
„Zuckerwirtschaft wird sich
behaupten“
Der deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt war zu Gast auf dem Kon-
gress der europäischen Rübenanbauer (CIBE) Anfang Juni in Berlin. Das Journal hat
ihn nach seiner Einschätzung zum Zuckermarkt und dem Rübenanbau befragt.
Foto: Twan Wiermans
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