Zuckerrüben Journal Nr. 3/2015 - page 6

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Zuckerrübenjournal
LZ 32 · 2015
| A K T U E L L E S | P O L I T I K
M A R K T
B E T R I E B S W I R T S C H A F T | A N B A U | T E C H N I K | Z U C K E R |
Zuckermarkt:
Besserung in Sicht?
Die Zuckerpreise an den als globale Leitbörsen angesehenen
Warenterminmärkten in New York für Rohzucker und London für
Weißzucker bieten den Zuckerproduzenten weltweit nach wie vor
wenig Anlass zur Freude. Rohzucker fiel am 19. Juni auf ein Sechs-
Jahres-Tief, währendWeißzucker in London zeitweise bis auf
344 Dollar pro Tonne sank.
A
uch wenn die Zuckerwirtschaften
der meisten Länder durch zum
Teil hohe Zölle vor unerwünschter
Drittlandskonkurrenz geschützt sind
und diese Preise somit nur für die we-
nigsten Inlandsmärkte der Welt gelten,
sind sie für den Welthandel von Be-
deutung, da sie letztlich den Anreiz be-
stimmen, über den Bedarf auf dem ge-
schützten Inlandsmarkt hinaus für den
Export zu produzieren. Dies gilt direkt
insbesondere für solche Länder, die
nicht über spezielle Handelsabkom-
men bevorzugten Zugang zu anderen
hochpreisigen Märkten haben. Das
sind vor allem die drei größten Expor-
teure Brasilien, Thailand und Australi-
en, die für den überwiegenden Teil der
Exportmengen verantwortlich sind.
Unabhängig hiervon stellt sich aber
die Frage, warum die hohen Zucker-
überschüsse der vergangenen Jahre
und der daraus resultierende starke
Verfall der Weltmarktpreise nicht dazu
geführt haben, dass die Erzeugung ein-
geschränkt und ein neues Marktgleich-
gewicht bei wieder höheren Preisen
erreicht wird, wie es bei einem funkti-
onierenden Markt zu erwarten wäre.
Aktuell schätzen wir die Weltzucker-
erzeugung 2014/15 auf ein Allzeithoch
von 184,3 Mio. t, 2,5 Mio. t mehr als im
Vorjahr. Hierzu lässt sich zunächst ein-
mal lapidar feststellen, dass der Welt-
zuckermarkt offensichtlich kein funkti-
onierender Markt ist.
Indien setzt Preise fest
Dies zeigt sich nicht zuletzt darin, dass
die fallenden Weltmarktpreise oft
nicht zu den Anbauentscheidern
durchdringen. Während beispielswei-
se in Brasilien der überwiegende Teil
des Rohrs von den Mühlenunterneh-
men selbst angebaut wird und diese
die Preissignale des Weltmarkts direkt
spüren, ist dies in vielen anderen Län-
dern nicht der Fall. Exemplarisch sei
nur Indien genannt, wo die Rohrpreise
von der Politik festgesetzt werden und
die Mühlen sämtliches von den Klein-
bauern angebotene Rohr in ihrem Ein-
zugsbereich aufkaufen und verarbei-
ten müssen. Im Ergebnis verdoppelten
sich die Rohrpreise seit 2008/09, was
zur Folge hatte, dass Indien mit einst-
mals starken zyklischen Produktions-
schwankungen dieses Jahr zum fünf-
ten Mal in Folge einen Exportüber-
schuss produzieren wird, der jedoch
selbst mit inzwischen gewährten Ex-
portsubventionen am Weltmarkt nur
bedingt unterzubringen ist. Tatsäch-
lich hat Indien in der 2014/15er-Kam-
pagne trotz Zuckerpreisen weit unter
den Produktionskosten etwa 28,3 Mio. t
Zucker produziert – nahezu 4 Mio. t
mehr als im Vorjahr und nahe dem All-
zeithoch von 28,361 Mio. t aus dem
Jahr 2006/07.
Mit Blick auf das bevorstehende
Zuckerwirtschaftsjahr 2015/16 sieht es
derzeit aber so aus, als ob sich die Fun-
damentallage, sprich Angebot und
Nachfrage, verbessert und der Druck
auf die Preise von hierher abnehmen
dürfte.
Weniger Zucker in der EU
Sichtbar ist dies bereits in der Europä-
ischen Union, wo viele Zuckererzeuger
für die neue Kampagne 2015/16 in den
Preisverhandlungen mit den Abneh-
mern bereits höhere Preisforderungen
Richtung 500 €/t durchzusetzen versu-
chen, während der von der EU-Kom-
mission veröffentlichte EU-weite
Durchschnittspreis für den Monat
April 2015 noch mit 417 €/t angegeben
wurde. Ihre Basis haben diese Forde-
rungen darin, dass in der kommenden
Kampagne nach einer erheblichen
Aussaatflächeneinschränkung EU-weit
von etwa 14 % mit einer deutlich rück-
läufigen Erzeugung gerechnet wird.
Erträge auf Rekordniveau scheinen
dieses Jahr auch eher unwahrschein-
lich, da eine spätere Aussaat wie auch
der bisherige Entwicklungsverlauf der
Rüben nicht komplikationslos waren.
In Indien wird der
Zuckerpreis vom
Staat festgelegt,
die Kleinbauern
haben faktisch
eine Abnahme-
garantie.
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