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A K T U E L L E S

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Zuckerrübenproduktion hat

eine Zukunft in Europa

Diese Rübenaussaat ist die letzte unter den Vorgaben der bisherigen Zuckermarktord-

nung mit Zuckerquoten und Rübenmindestpreisen. Auch wenn die Rüben des gerade

beginnenden Vegetationsjahres noch einmal unter diesen kalkulierbaren Bedingun-

gen produziert und abgerechnet werden, sind die Rübenanbauer – Gleiches gilt für

die Zuckerunternehmen – gedanklich bereits voll mit der neuen Zeitrechnung, dann

ohne Zuckerquoten und Rübenmindestpreise, beschäftigt.

D

as liegt nicht nur an der begin-

nenden Anbauplanung für 2017,

sondern an den landauf, landab lau-

fenden oder jüngst abgeschlossenen

Vertragsverhandlungen zwischen Zu-

ckerunternehmen und Rübenanbauer-

verbänden.

Überall galt beziehungsweise gilt

es, für die Zukunft einen fairen Kom-

promiss zu finden zwischen der Forde-

rung der Landwirtschaft nach aus-

kömmlichen und wettbewerbsfähigen

Rübenpreisen einerseits und den wirt-

schaftlichen Interessen der Zucker-

unternehmen andererseits. Unsicher-

heiten auf beiden Seiten im Hinblick

auf die künftige Situation am europäi-

schen Zuckermarkt machen das Ver-

handeln schwierig. Niemand weiß ge-

nau, wie sich die Mengen- und Preis-

situation auf dem EU-Zuckermarkt ab

2017 verändert.

Mehr Konkurrenz

Tatsache ist, dass sich der EU-Rübenzu-

cker künftig mehr denn je gegenüber al-

ternativen Zuckerquellen wie Importzu-

cker oder Isoglukose (auch hier fällt die

Quotierung weg) behaupten muss. Tat-

sache ist auch, dass durch den Wegfall

der Zuckerquoten und der damit ver-

bundenen Aufhebung der Produktions-

beschränkungen die Konkurrenz zwi-

schen den europäischen Anbauregionen

wächst. Und schließlich muss ebenfalls

damit gerechnet werden, dass bei stei-

gender innereuropäischer Zuckererzeu-

gung zumindest zeitweise Preisdruck

auf dem europäischen Zuckermarkt ent-

steht, der sich auch bei den Rübenprei-

sen widerspiegeln dürfte. Damit wird

auch die Luft für die Rübe imWettbe-

werb der Feldfrüchte auf dem Acker

dünner. Schwierige Rahmenbedingun-

gen also für alle Beteiligten.

Dennoch geht man fast überall in

der EU, und so auch in Deutschland,

die anstehenden Herausforderungen

mit viel Passion und Engagement an.

Dafür gibt es gute Gründe. Bereits seit

der letzten Zuckermarktreform 2006

wurden mit großem Erfolg auf dem

Rübenacker und in den Zuckerfabri-

ken erhebliche Effizienzsteigerungen

vollzogen. So steigen die Rübenerträge

seit längerer Zeit stabil um etwa 2 bis

3 % pro Jahr. Das gesamte Anbausys-

tem, von der Saat über die Feldrand-

lagerung bis zum späteren Rüben-

transport, wurde verbessert. In den Zu-

ckerfabriken wurden die Kampagnen-

längen und Zuckererzeugungsmengen

deutlich gesteigert und der Energie-

verbrauch gesenkt. Auf allen Ebenen

arbeitet man nun an weiteren Opti-

mierungsschritten, um im künftigen

Wettbewerb zu bestehen.

Partnerschaft von

zentraler Bedeutung

Das partnerschaftliche Verhältnis zwi-

schen den Rübenanbauern und ih-

rem jeweiligen Zuckerunterneh-

men ist dabei von zentraler Be-

deutung für den Erfolg. Die

Wettbewerbsfähigkeit einer

Anbauregion definiert sich so-

wohl durch die Leistungsfä-

higkeit des Rübenanbaus als

auch durch die der ansässi-

gen Zuckerfabriken. Nach-

haltig erfolgreich wird man

nur dort sein, wo beide Part-

ner gut sind und wo für bei-

de Seiten auskömmliche

Rahmenbedingungen ge-

schaffen wurden. Diese gilt es mit viel

Augenmaß und auf Augenhöhe auszu-

handeln.

Die Beibehaltung des bisherigen

Systems mit einem kollektiven Ver-

handlungsmandat der Rübenanbauer-

verbände für ihre jeweiligen Mitglie-

der gegenüber der Zuckerindustrie ist

dabei von zentraler Bedeutung. Dieses

System ist seit Jahrzehnten bewährt,

gewährleistet eine gemeinsame Ver-

antwortung und schafft Gestaltungs-

möglichkeiten. Es wirkt stabilisierend,

und das ist in diesen unsicheren Zei-

ten unverzichtbar.

Politik gefordert

Aber nicht nur die Zuckerwirtschaft

muss ihre Hausaufgaben machen, auch

die europäische Agrarpolitik ist gefor-

dert, um eine nachhaltige Zuckerrü-

benproduktion in Europa zu gewähr-

leisten. Sie muss für faire Wettbe-

werbsbedingungen innerhalb und au-

ßerhalb Europas sorgen. Dies betrifft

unter anderem die Frage gekoppelter

Zahlungen in der EU und das Vermei-

den weiterer Importzugeständnisse im

Rahmen von Freihandelsabkommen.

Und sie muss auch die Diskussion um

das Lebensmittel Zucker sachgerecht

und wissenschaftsbasiert begleiten.

Bernhard Conzen

Rheinischer Rübenbauer-

Verband e. V.

Bernhard Conzen

Foto: Twan WIermans

LZ 19 · 2016

Zuckerrübenjournal

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