Ohne Frauen läuft es nicht
Frauen sind das Rückgrat landwirtschaftlicher Betriebe – aber bekommen sie die Anerkennung, die sie verdienen? Der Weltfrauentag am 8. März erinnert daran, dasses noch viel zu tun gibt, um echte Gleichberechtigung in der Landwirtschaft zu erreichen. Das ist nicht nur für Frauen, sondern für die gesamte Branche wichtig.
Sie sind echte Multitalente und managen Hof, Büro, Familie und Haushalt. Frauen sind unverzichtbar auf landwirtschaftlichen Betrieben, denn sie sorgen dafür, dass alles rundläuft. Doch leider bekommt frau dafür immer noch zu wenig Anerkennung. Das muss sich ändern! Unter anderem, um darauf aufmerksam zu machen, gibt es am 8. März den Weltfrauentag. Allerdings reicht es nicht, Frauen an diesem Tag für ihre Leistungen auf die Schulter zu klopfen oder ihnen einen Strauß Blumen zu überreichen. Denn es geht um viel mehr.
Auch wenn im deutschen Grundgesetz steht: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“, ist unsere Gesellschaft von tatsächlicher Gleichberechtigung weit entfernt. Frauen verdienen bei gleicher Arbeit nach wie vor weniger als Männer und sind unter anderem deshalb häufiger von Altersarmut betroffen. Außerdem sind sie in der Medizin benachteiligt, weil Behandlungen und Medikamente hauptsächlich an Männern erforscht werden. Darüber hinaus sind Frauen häufiger Opfer von Straftaten. Jede dritte Frau in Deutschland wird mindestens einmal in ihrem Leben Opfer von physischer oder sexualisierter Gewalt.
All diese Punkte sollte man im Hinterkopf haben, wenn es um den Weltfrauentag und Geschlechtergerechtigkeit geht. Denn auch wenn es in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern besser um Frauenrechte bestellt ist, zeigen die zuvor genannten Punkte, dass es noch viele Missstände gibt, die nicht hinnehmbar sind.
Hier sind wir alle als Gesellschaft gefragt. Außerdem muss die Politik bessere Rahmenbedingungen schaffen. Gerade im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gibt es großen Verbesserungsbedarf. Das betrifft auch die Landwirtschaft, denn junge Frauen müssen sich heute oft zwischen Betriebsübernahme und Familienplanung entscheiden. Damit sich das in Zukunft ändert, muss der Mangel an Betreuungsplätzen angegangen werden und Frauen brauchen eine bessere finanzielle Unterstützung. Hier ist vor allem der Mutterschutz ein wichtiger Ansatzpunkt. Denn selbstständige Frauen haben nach aktueller Gesetzeslage weder Anspruch auf Mutterschutz noch auf Mutterschaftsgeld. Das trifft auch auf viele Landwirtinnen zu, da sie meist selbstständig sind. Kein Wunder also, dass momentan nur 11 % der Betriebe von Frauen geführt werden.
Grund dafür ist aber ebenfalls, dass Frauen bei der Betriebsnachfolge oft übergangen wurden und zum Teil auch noch werden. Wenn sie in den Betrieb einsteigen, müssen sie sich zudem oft stärker gegen Vorbehalte durchsetzen. Trotzdem soll sich Studien zufolge die Zahl der Betriebsleiterinnen in der deutschen Landwirtschaft in den nächsten Jahren verdoppeln. Davon ist auch die DBV-Vizepräsidentin Susanne Schulze Bockeloh überzeugt, laut der die Landwirtschaft in Zukunft noch weiblicher wird. Man kann nun also hoffen, dass eine Welle ins Rollen kommt. Je mehr Frauen es als Vorbilder gibt, desto mehr Frauen trauen sich in Zukunft ebenfalls zu, in der Landwirtschaft zu arbeiten, vielleicht auch als Betriebsleiterin. Denn von den heutigen Betriebsleiterinnen können sich Frau und Mann viel abschauen, zum Beispiel auf Social Media, wo einige von ihnen aktiv sind und so viele junge Menschen erreichen.
Heute sind insgesamt 35 % der Beschäftigten in der Landwirtschaft weiblich und das ist gut so, denn die Betriebe brauchen jeden Mann und jede Frau. Schließlich steht der Berufsstand vor vielen Herausforderungen. Die besten Lösungen entstehen, wenn alle mitentscheiden. Gleichberechtigung sorgt für vielfältigere Perspektiven und bessere Entscheidungen. Das nützt allen.
Auch die Landfrauenverbände sind eine Bereicherung für die gesamte landwirtschaftliche Branche, denn sie setzen sich nicht nur für die Interessen von Frauen in ländlichen Räumen ein, sondern machen auch wichtige Öffentlichkeitsarbeit. Genauso wertvoll wie die Bildungsarbeit nach außen sind aber natürlich auch die Weiterbildungsmöglichkeiten, die der Verband seinen eigenen Mitgliedern bietet, zum Beispiel in Form der WiN-Seminare. Der Verband legt in diesem Jahr unter anderem einen Schwerpunkt auf das Thema Frauen-Finanzen. Aus meiner Sicht ein sehr wichtiges Thema, da finanzielle Unabhängigkeit der Grundstein für echte Gleichberechtigung ist.
Denn Gleichberechtigung fällt leider nicht vom Himmel. Sie muss aktiv gefördert, gefordert und gelebt werden – in Familien, Betrieben, Verbänden und der Politik. Es reicht nicht, einmal im Jahr am Weltfrauentag auf die Leistungen von Frauen hinzuweisen. Vielmehr braucht es strukturelle Veränderungen, damit Frauen und Männer in der Landwirtschaft die gleichen Chancen haben. Die Sorgearbeit für Familie und die Hausarbeit müssen gleichmäßiger innerhalb der Familie aufgeteilt werden, damit auch Frauen die zeitlichen Ressourcen haben, sich in den Betrieb einzubringen. Außerdem sollte der Bauernverband sein angekündigtes Ziel, jünger und weiblicher zu werden, stärker verfolgen, um die dringend benötigten Vorbilder zu schaffen. Denn nur wenn alle – Frau und Mann – ihr Potenzial voll entfalten können, bleibt die Landwirtschaft zukunftsfähig.