10.04.2024

Osteraugen

Foto: Elena Peters

Die ersten Spargelstangen wurden geerntet (und natürlich auch schon verspeist, schließlich schmeckt der erste Spargel im Jahr immer am besten!), die ersten rumänischen Saisonarbeitskräfte sind eingetroffen und sogar die Sonne hat langsam mit ihren Strahlen ihren Weg zu uns und auf die Felder gefunden. Auch das GeHo-Team, mit dem wir das Saisonrestaurant, den Hofladen, die Wochenmärkte und die Belieferung des Lebensmitteleinzelhandels rocken, ist mit bekannten und neuen Gesichtern von 15 auf fast 40 Mitarbeiter gewachsen und steht in den Startlöchern. Auch wenn wir vermeintlich vor einem guten Start in die 25. Saison stehen, saßen wir am Ostersamstag eher bedröppelt als vorfreudig bei unserem „Wochenenddröpken“ (zu deutsch: Wochenendtropfen beziehungsweise -schnaps) zusammen. Fragen wie: „Wie häufig müssen wir erklären, dass wir keinen festen Koch wie in den vielen Jahren zuvor haben und daher nur donnerstagsabends und sonntagsmittags unseren Spargel anbieten können?“ und „Wie wird das Kaufverhalten der Gäste und Kunden? Wissen sie, dass es Spargel für jeden Geldbeutel gibt, oder wird er künftig als „Luxusprodukt“ angesehen?“ hielten in unserem Gespräch Einzug.

Meine Schwester Kathrin war es, die uns – eher unbewusst – aus diesem Gedankenkarussell herausholte. Sie sendete aus ihrer Heimatstadt Berlin herzliche Ostergrüße, verbunden mit einem Text des früheren Aachener Bischofs Klaus Hemmerle (†1994): „Ich wünsche uns Osteraugen, die im Tod bis zum Leben sehen, in der Schuld bis zur Vergebung, in der Trennung bis zur Einheit, in den Wunden bis zur Heilung. Ich wünsche uns Osteraugen, die im Menschen bis zu Gott, in Gott bis zum Menschen, im Ich bis zum Du zu sehen vermögen.” Lesen Sie den Text gerne noch einmal – in Ruhe. Denn für mich hatte er im ersten Moment unfassbare Schwere. Erst beim zweiten Mal verstand ich, dass es im Grunde doch um den Blick auf die Dinge geht. Wenn wir, wie wir es an dem Samstagabend taten, stets die Sorgen auf den Tisch legen, den negativen Gedanken Raum geben und überhaupt Ungewissheit einziehen lassen, müssen wir uns nicht wundern, dass wir auch unsicher werden. Es gilt das Gegenteil: Positiven Gedanken Raum geben, optimistisch in die Spargelsaison zu schauen und sicher zu sein, dass wir wieder viele bekannte und auch einige neue Gesichter zu unseren Gästen und Kunden zählen dürfen. Und überhaupt dürfen wir nicht vergessen: Wir üben einen Job aus, der es uns ermöglicht, etwas zu bewegen, wo wir gleichzeitig mit der Familie zusammenarbeiten und täglich selbst entscheiden können.

Daher wünsche ich Ihnen und uns für die kommende Saison (und die Zeit darüber hinaus) Osteraugen. Die in vermeintlich dunklen Situationen das Licht erkennen und Kraft daraus ziehen mögen. Christina Ingenrieth