A k t u e l l e s
P o l i t i k M A r k t B e t r i e B s w i r t s c h A f t A n B A u t e c h n i k Z u c k e r
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Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
LZ 9 · 2012
Bernhard Conzen, Vorsitzender des Rhei-
nischen Rübenbauer-Verbandes, blickte in
seiner Begrüßung auf die erfreuliche
Kampagne zurück, die nicht nur Rekord-
erträge beschert habe, sondern auch
dank der Witterung sehr umkompliziert
verlaufen sei. „Der Rübenanbau und die
Rübenzuckererzeugung im Rheinland be-
sitzen weiterhin eine große Bedeutung
und es steckt nach wie vor viel Herzblut
im Rübenanbau, auch wenn, wie wir alle
wissen, der Stellenwert des Rübenanbaus
aus ökonomischen Gründen in den letz-
ten Jahren ein wenig gelitten hat“, be-
grüßte Conzen die rund 500 Besucher.
Vergleiche man die Rübenanbauflä-
che, die Zahl der Rübenanbauer und die
Zahl der Zuckerfabriken Nordrhein-West-
falens mit anderen Regionen Europas,
dann werde klar, dass das Rheinland
nicht nur innerhalb Deutschlands, son-
dern auch innerhalb Europas ein Zentrum
des Rübenbaus und der Rübenzucker-
erzeugung sei. „Bei uns wird der Lebens-
mittelzucker auf besten Standorten ver-
brauchernah und verlässlich erzeugt und
unser Zucker ist mit sehr wenig Foodmi-
les belastet“, stellte Conzen die Vorteile
des Rheinlands heraus.
Conzen blickte auf die letzte Reform
der Zuckermarktordnung zurück und er-
klärte, diese Reform habe den Anbauern
zwar die Möglichkeit gegeben, unter ge-
regelten Bedingungen für zunächst neun
Jahre weiterzuarbeiten, sie habe aber
ökonomisch unglaublich viel Substanz
gekostet. „In Europa schlossen seitdem
über 80 Zuckerfabriken, 135 000 Anbauer
schieden aus der Produktion aus und
knapp 6 Mio. t Produktionsquote wurden
an die EU zurückgegeben. Die EU wurde
vom Exporteur zu einem der größten Im-
porteure weltweit. Die Folgen dieser neu-
en Abhängigkeit hat Europa im letzten
Jahr zu spüren bekommen“, betonte Con-
zen. „Durch die Rübenpreissenkungen
gingen unsere Deckungsbeiträge um
rund 40 % zurück – und das trotz der ge-
waltigen Ertragssteigerungen, die wir er-
reichen konnten. Die Rübe steht inzwi-
schen mitten imWettbewerb der Feld-
früchte, auch wenn uns das aktuelle Jahr
hier vielleicht eine kleine Atempause ver-
schafft.“
Der Zuckersektor sei inzwischen ein
Element der gemeinsamen Agrarpolitik
der EU. Deshalb werde er mit in die Über-
legungen zur Gemeinsamen Agrarpolitik
Europas nach 2013 einbezogen, auch
wenn die Zuckermarktordnung eigentlich
bis 2014 / 15 laufe, erklärte Conzen. Die
aktuelle Diskussion sei ein Wechselbad
der Gefühle, wenn das Europäische Parla-
ment eine Verlängerung der Marktord-
nung bis mindestens 2020 fordere und
die EU-Kommission im Oktober letzten
Jahres genau das Gegenteil wollte, näm-
lich ein Auslaufen der Quotenregelung im
Jahr 2015, verbunden mit dem Ende der
Mindestpreisregelung.
Johannes Remmel, NRW-Minister für
Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft,
Natur- und Verbraucherschutz, stellte in
seinem Grußwort zunächst die Klima-
schutzziele des Landes NRW vor und sag-
te seine Unterstützung für die Landwirt-
schaft zu. Ohne die Menschen im ländli-
chen Raum sähe dieser völlig anders aus.
Deshalb müssten hier Zukunftsperspekti-
ven geschaffen werden, um den ländli-
chen Raum zu erhalten. „Wir brauchen ei-
ne Diskussion, für welche öffentlichen
Güter auch öffentliche Mittel ausgege-
Der rübenanbau hat Zukunft
Mitgliederversammlung des Rheinischen Rübenbauer-Verbandes
nicht nur die Zuckerpolitik, sondern auch der internationale
Zuckermarkt waren themen der Gastvorträge bei der Mitglie-
derversammlung des rheinischen rübenbauer-Verbandes An-
fang februar in Bergheim.
Quotenregelung
nach 2015 sind
zehn Mitgliedstaaten mit
zusammen 99 Stimmen. Dazu zählen ins-
besondere Großbritannien und die skan-
dinavischen Länder. Noch mehr oder we-
niger unentschieden sind vier Mitglied-
staaten, darunter Italien. Diese Länder
haben 40 Stimmen.
Für einen Beschluss zur Fortsetzung
der Quotenregelung werden insgesamt
255 Stimmen und die einfache Mehrheit
der Mitgliedstaaten, also 14 Länder, be-
nötigt. Es kommt daher in den kommen-
den Monaten darauf an, noch weitere
Mitgliedstaaten von der Notwendigkeit
der Fortsetzung der Quotenregelung zu
überzeugen.
Auch wenn mit einem definitiven Be-
schluss nicht vor 2013 zu rechnen ist,
werden die Weichen bereits jetzt gestellt.
Rübenanbauer und Zuckerwirtschaft
müssen daher alle Kräfte mobilisieren
und sowohl auf regionaler Ebene als auch
national sowie in Brüssel weitere Über-
zeugungsarbeit leisten. Schließlich kann
nur durch eine Fortsetzung der Zucker-
marktordnung in ihrer jetzigen Formmit
Quotenregelung und Rübenmindestprei-
sen bis mindestens 2020 Versorgungssi-
cherheit für die europäischen Verbrau-
cher und Zuckerverarbeiter gewährleistet
werden.
Dr. Dieter langendorf
wirtschaftliche Vereinigung Zucker
Johannes remmel
Gerd sonnleitner
foto: ccvision