Zuckerrübenjournal 1/2012 - page 8

A k t u e l l e s
P o l i t i k M A r k t B e t r i e B s w i r t s c h A f t A n B A u t e c h n i k Z u c k e r
Zusammen mit der Aussicht auf deutlich 
verbesserte Rübenpreise hat die Rübe da-
durch im abgelaufenen Jahr wieder ge-
waltig an Boden gewonnen. Die sorgen-
volle Seite ist politischer Natur. Der Vor-
schlag der EU-Kommission, die bisherige 
Mengensteuerung über Erzeugungsquo-
ten und das für den nachhaltigen Rü-
benanbau so wichtige Mindestpreissys-
tem 2014 / 15 auslaufen zu lassen, verun-
sichert die gesamte Zuckerwirtschaft und 
trübt die ansonsten positive Stimmung.
Das Rübenjahr 2011 lief fast nach 
Wunsch. Früh erfolgte unter sehr günsti-
gen Bodenbedingungen zwischen Mitte 
und Ende März die Rübensaat. Die folgen-
de Trockenheit bewirkte bei der Rübe den 
stets angestrebten Tiefgang. Einzig die 
Unkrautbekämpfung war infolge der 
Wetterlage so schwierig und wenig er-
folgreich und leider auch so teuer wie 
lange nicht mehr. Die Niederschläge setz-
ten pünktlich in der Hauptwachstumszeit 
ein und hörten zum Hauptrodebeginn 
wieder auf. Der Druck mit Blattkrankhei-
ten blieb trotz frühen Anfangbefalls ge-
ring. Der trockene und sonnenreiche 
Herbst schließlich ließ die Rüben „in den 
Ertrag“ wachsen und sorgte für steigende 
Zuckergehalte bis zum Rodeende Anfang 
Dezember.
Die günstige Witterung ermöglichte 
eine trockene, verlustarme und frostfreie 
Rübenernte und führte im Rheinland zu 
einem sehr geringen Erdanhang von 
durchschnittlich 3,6 %. Dabei waren die 
Standortunterschiede erheblich. So fielen 
in der Köln-Aachener Bucht im Jahr 
2011 mit rund 750 mm deutlich mehr 
Niederschläge als im Regenschattenge-
biet der Eifel. In Euskirchen wurden ledig-
lich 450 mm gemessen.
rübenkopfbewertung erfolgreich
Gespannt war das gesamte Rheinland 
auf das Einführungsjahr der Entblätte-
rungstechnik. Der Rheinische Rüben-
bauer-Verband (RRV) und Pfeifer & Lan-
gen hatten sich bekanntlich auf eine 
neue Rübenkopfbewertung geeinigt. 
Sichtbar geköpfte Rüben wurden weiter 
mit einem Abzug von 3 % für die am Rü-
benkörper verbleibenden Kopfreste verse-
hen, entblätterte, das heißt ungeköpfte 
Rüben mit 4 %. Blattreste wurden weiter-
hin getrennt bewertet. Die Definition 
„sichtbarer Köpfschnitt“ war eindeutig, 
sowohl Rübenanbauer wie Fabrikschätzer 
und RRV-Gutachter hatten kaum Proble-
me mit der Zuordnung. Um den Gutach-
tern und Schätzern die notwendige Si-
cherheit für die Bewertung zu geben, 
rübe zwischen wohl und wehe
Rückblick auf eine spannende Kampagne
Das rübenjahr 2011/12 hatte zwei Gesichter: ein überaus zu-
friedenes und ein eher sorgenvolles. Das zufriedene Gesicht
bezog sich auf rübenwachstum und -ernte sowie die erlös-
situation. eine kaum für möglich gehaltene rekordernte von
durchschnittlich 77,4 t /ha bei 17,7 % Zuckergehalt und eine
kampagne unter wunschbedingungen verdrängten die kriti-
schen erinnerungen an den vorherigen strengenwinter.
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Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
LZ 9 · 2012
2010 / 11. „Weniger als 0,1 % der rheini-
schen Rüben waren frostgeschädigt und 
wurden entschädigt. Insgesamt wurden 
über 80 % der Mieten mit Vlies abge-
deckt.“
Für 2011 / 12 erhöhte sich die Ver-
tragsmenge um 10 %. Außerdem sollen 
Rübentransporte an Sonn- und Feierta-
gen vermieden werden. Als zusätzliche 
Neuerungen nannte Kasten eine größere 
zeitliche Flexibilität beim Rübenvortrag, 
ein neues Industrierübenmodell für 2012 
bis 2014 sowie die Vereinbarung über das 
Rübenentblatten, mit dem die Anbauer 
gute Erfahrungen gemacht hätten.
Neben zahlreichen Veranstaltungen 
ist das Versuchswesen mit rund 3 200 
Parzellen mit dem Schwerpunkt Sorten-
versuche eine zentrale Aufgabe des Ver-
bandes. Aktuell hat der Verband 4 230 
Mitglieder, die im Schnitt 12,2 ha Rüben 
anbauen.
„In den letzten 40 Jahren hat sich der Zu-
ckerkonsum verdoppelt und diese Ent-
wicklung wird weitergehen“, erklärte 
Henning Koch vom Handelshaus August 
Töpfer & Co. (GmbH & Co.) KG in Ham-
burg. „Allerdings kommt nur ein kleiner 
Teil des weltweit erzeugten Zuckers auf 
den sogenannten Weltmarkt. Der Welt-
markt ist ein Restemarkt, auf dem Zucker 
entsorgt wird. Nur die Länder, die nicht 
genug selber erzeugen, versorgen sich 
hier“, fasste Henning Koch zusammen. 
Der Preis entstehe dabei durch Angebot 
und Nachfrage, aber nicht, wie oft vermu-
tet, durch reine Spekulation.
Die Zuckererzeugung für 2011 / 12 
weise einen Überschuss von etwa 8,46 
Mio. t Zuckerrohwert auf. Mehrerzeuger 
seien Europa und die GUS-Staaten mit 
immerhin 6,11 Mio. t sowie Asien, in ers-
ter Linie China und Indien, die auch auf 
demWeltmarkt aktiv sind. Einen Rück-
gang um 2,29 Mio. t verzeichne Südame-
rika, was vor allem an Brasilien liege. „Die 
aktuellen Preise führen nicht dazu, dass 
die Produktion gesteigert wird“, ist sich 
Koch sicher. In 20 Jahren liege der Zucker-
bedarf rund 20 bis 25 Mio. t höher als 
heute. „Das heißt, wir brauchen ein zwei-
tes Brasilien, um diese Menge zu erzeu-
gen.“
„Rüben und ihre Verarbeitung gehören 
ins Rheinland, wir produzieren verbrau-
chernah mit höchstem Standard und des-
halb lohnt sich der Kampf für die Zucker-
marktordnung. Wir sind froh, dass die Al-
lianz mit dem Deutschen Bauernverband, 
der nordrhein-westfälischen Regierung 
und dem Bundesministerium steht“, be-
tonte Friedhelm Decker, Präsident des 
Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes, 
in seinem Schlusswort.
natascha kreuzer
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