A k t u e l l e s
P o l i t i k M A r k t B e t r i e B s w i r t s c h A f t A n B A u t e c h n i k Z u c k e r
Zusammen mit der Aussicht auf deutlich
verbesserte Rübenpreise hat die Rübe da-
durch im abgelaufenen Jahr wieder ge-
waltig an Boden gewonnen. Die sorgen-
volle Seite ist politischer Natur. Der Vor-
schlag der EU-Kommission, die bisherige
Mengensteuerung über Erzeugungsquo-
ten und das für den nachhaltigen Rü-
benanbau so wichtige Mindestpreissys-
tem 2014 / 15 auslaufen zu lassen, verun-
sichert die gesamte Zuckerwirtschaft und
trübt die ansonsten positive Stimmung.
Das Rübenjahr 2011 lief fast nach
Wunsch. Früh erfolgte unter sehr günsti-
gen Bodenbedingungen zwischen Mitte
und Ende März die Rübensaat. Die folgen-
de Trockenheit bewirkte bei der Rübe den
stets angestrebten Tiefgang. Einzig die
Unkrautbekämpfung war infolge der
Wetterlage so schwierig und wenig er-
folgreich und leider auch so teuer wie
lange nicht mehr. Die Niederschläge setz-
ten pünktlich in der Hauptwachstumszeit
ein und hörten zum Hauptrodebeginn
wieder auf. Der Druck mit Blattkrankhei-
ten blieb trotz frühen Anfangbefalls ge-
ring. Der trockene und sonnenreiche
Herbst schließlich ließ die Rüben „in den
Ertrag“ wachsen und sorgte für steigende
Zuckergehalte bis zum Rodeende Anfang
Dezember.
Die günstige Witterung ermöglichte
eine trockene, verlustarme und frostfreie
Rübenernte und führte im Rheinland zu
einem sehr geringen Erdanhang von
durchschnittlich 3,6 %. Dabei waren die
Standortunterschiede erheblich. So fielen
in der Köln-Aachener Bucht im Jahr
2011 mit rund 750 mm deutlich mehr
Niederschläge als im Regenschattenge-
biet der Eifel. In Euskirchen wurden ledig-
lich 450 mm gemessen.
rübenkopfbewertung erfolgreich
Gespannt war das gesamte Rheinland
auf das Einführungsjahr der Entblätte-
rungstechnik. Der Rheinische Rüben-
bauer-Verband (RRV) und Pfeifer & Lan-
gen hatten sich bekanntlich auf eine
neue Rübenkopfbewertung geeinigt.
Sichtbar geköpfte Rüben wurden weiter
mit einem Abzug von 3 % für die am Rü-
benkörper verbleibenden Kopfreste verse-
hen, entblätterte, das heißt ungeköpfte
Rüben mit 4 %. Blattreste wurden weiter-
hin getrennt bewertet. Die Definition
„sichtbarer Köpfschnitt“ war eindeutig,
sowohl Rübenanbauer wie Fabrikschätzer
und RRV-Gutachter hatten kaum Proble-
me mit der Zuordnung. Um den Gutach-
tern und Schätzern die notwendige Si-
cherheit für die Bewertung zu geben,
rübe zwischen wohl und wehe
Rückblick auf eine spannende Kampagne
Das rübenjahr 2011/12 hatte zwei Gesichter: ein überaus zu-
friedenes und ein eher sorgenvolles. Das zufriedene Gesicht
bezog sich auf rübenwachstum und -ernte sowie die erlös-
situation. eine kaum für möglich gehaltene rekordernte von
durchschnittlich 77,4 t /ha bei 17,7 % Zuckergehalt und eine
kampagne unter wunschbedingungen verdrängten die kriti-
schen erinnerungen an den vorherigen strengenwinter.
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Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
LZ 9 · 2012
2010 / 11. „Weniger als 0,1 % der rheini-
schen Rüben waren frostgeschädigt und
wurden entschädigt. Insgesamt wurden
über 80 % der Mieten mit Vlies abge-
deckt.“
Für 2011 / 12 erhöhte sich die Ver-
tragsmenge um 10 %. Außerdem sollen
Rübentransporte an Sonn- und Feierta-
gen vermieden werden. Als zusätzliche
Neuerungen nannte Kasten eine größere
zeitliche Flexibilität beim Rübenvortrag,
ein neues Industrierübenmodell für 2012
bis 2014 sowie die Vereinbarung über das
Rübenentblatten, mit dem die Anbauer
gute Erfahrungen gemacht hätten.
Neben zahlreichen Veranstaltungen
ist das Versuchswesen mit rund 3 200
Parzellen mit dem Schwerpunkt Sorten-
versuche eine zentrale Aufgabe des Ver-
bandes. Aktuell hat der Verband 4 230
Mitglieder, die im Schnitt 12,2 ha Rüben
anbauen.
„In den letzten 40 Jahren hat sich der Zu-
ckerkonsum verdoppelt und diese Ent-
wicklung wird weitergehen“, erklärte
Henning Koch vom Handelshaus August
Töpfer & Co. (GmbH & Co.) KG in Ham-
burg. „Allerdings kommt nur ein kleiner
Teil des weltweit erzeugten Zuckers auf
den sogenannten Weltmarkt. Der Welt-
markt ist ein Restemarkt, auf dem Zucker
entsorgt wird. Nur die Länder, die nicht
genug selber erzeugen, versorgen sich
hier“, fasste Henning Koch zusammen.
Der Preis entstehe dabei durch Angebot
und Nachfrage, aber nicht, wie oft vermu-
tet, durch reine Spekulation.
Die Zuckererzeugung für 2011 / 12
weise einen Überschuss von etwa 8,46
Mio. t Zuckerrohwert auf. Mehrerzeuger
seien Europa und die GUS-Staaten mit
immerhin 6,11 Mio. t sowie Asien, in ers-
ter Linie China und Indien, die auch auf
demWeltmarkt aktiv sind. Einen Rück-
gang um 2,29 Mio. t verzeichne Südame-
rika, was vor allem an Brasilien liege. „Die
aktuellen Preise führen nicht dazu, dass
die Produktion gesteigert wird“, ist sich
Koch sicher. In 20 Jahren liege der Zucker-
bedarf rund 20 bis 25 Mio. t höher als
heute. „Das heißt, wir brauchen ein zwei-
tes Brasilien, um diese Menge zu erzeu-
gen.“
„Rüben und ihre Verarbeitung gehören
ins Rheinland, wir produzieren verbrau-
chernah mit höchstem Standard und des-
halb lohnt sich der Kampf für die Zucker-
marktordnung. Wir sind froh, dass die Al-
lianz mit dem Deutschen Bauernverband,
der nordrhein-westfälischen Regierung
und dem Bundesministerium steht“, be-
tonte Friedhelm Decker, Präsident des
Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes,
in seinem Schlusswort.
natascha kreuzer