LZ 9 · 2012
Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
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führten RRV und Pfeifer & Langen zudem
vor Kampagnebeginn gemeinsam eine
Schätzerschulung durch.
Insgesamt fünf Roder mit Entblätte-
rungstechnik arbeiteten in der abgelaufe-
nen Kampagne. Die Ergebnisse überzeug-
ten und die Praxis ist nun gespannt, ob
sich der gute Eindruck unter etwas un-
günstigeren Bedingungen wiederholen
lässt. Die Technik des knappen Köpfens
konnte nicht in allen Fällen überzeugen.
frostschutz war nicht gefragt
Auch die Mietenabdeckung darf im
Rheinland durchaus noch als Neuerung
bezeichnet werden, auch wenn es inzwi-
schen die vierte Kampagne ist, in der der
Fonds gegen Frostschäden arbeitet und
sowohl maschinelle als auch die Abde-
ckung von Hand die Rüben vor Frost
schützte. Dieses war imWinter 2011 / 12
allerdings kaum nötig, denn die Tempera-
turen lagen fast durchgehend über dem
Gefrierpunkt. Deshalb erfolgte auch kein
Frostaufruf.
Viele Anbauer allerdings entschieden
sich auch ohne Abdeckaufruf zur vorsorg-
lichen Abdeckung, um für den Frostfall
gewappnet zu sein und die Rüben „versi-
chert“ zu haben. Hier trug die Abdeckung
zur Zuckergehaltskonservierung und zum
Durchtrocknen der Mieten bei, siehe auch
Seite 11. In diesem „warmen“ Jahr ist zu
hinterfragen, ob es unter demVlies eine
höhere Verdunstung gab und ob das ver-
einzelt zu beobachtende Austreiben der
Rüben durch die höheren Temperaturen
tendenziell gefördert wurde.
Einen weiteren Härtetest für die Mie-
tenabdeckung stellten die Orkanböen im
Verlauf des Winters dar. Das konventio-
nelle Vlies erwies sich in der Gesamtbeur-
teilung aller Kenngrößen – Frostschutz,
Luftdurchlässigkeit, Regenschutz und
Sturmfestigkeit – als nach wie vor bester
Kompromiss. Unter dem Strich bleibt
festzuhalten, dass die vorsorgliche Mie-
tenabdeckung mit konventionellemVlies
keinesfalls eine negative Gesamtwirkung
auf die Rüben hatte, auch wenn sie vom
Frostschutz her – im Nachhinein betrach-
tet – nicht erforderlich war.
Es ist daher gut und richtig, dass die
Entscheidung über die Rohstoffsicherung
und die Mietenabdeckung weiterhin vom
Rübenanbauer selbst zu treffen ist.
Zucker knapp
Durch das Ausbleiben eingeplanter
Zuckerimporte aus den AKP- Staaten und
den am wenigsten entwickelten Ländern
infolge hoher Weltmarktpreise verknapp-
te sich der Zucker innerhalb der Europäi-
schen Union. Man kann es auch anders
sagen: Preise und Versorgung waren so
lange stabil, solange man sich auf die ein-
heimische Erzeugung verlassen konnte.
Die aktuelle Situation sollte allen Markt-
ordnungskritikern eine Lehre sein. Versor-
gungssicherheit mit Zucker lässt sich nur
durch die innereuropäische Rübenzucker-
erzeugung gewährleisten!
Die hohen Weltmarktpreise und die
mit zeitlicher Verzögerung einsetzende
Verknappung am EU-Zuckermarkt führ-
ten in Europa schließlich zu steigenden
Zuckerpreisen. Für die Rüben- und Zucker-
erzeuger bedeutet dies im aktuellen Zu-
ckerwirtschaftsjahr zum ersten Mal nach
der drastischen Zuckermarktreform eine
Möglichkeit zum Durchatmen. Da die Rü-
benanbauer vereinbarungsgemäß finan-
ziell angemessen an den steigenden Zu-
ckererlösen beteiligt werden, wird die Rü-
be ohne jeden Zweifel die wirtschaftlichs-
te Feldfrucht des Jahres 2011 / 12 sein.
Die derzeit noch günstige Preissituation
am Zuckermarkt führt außerdem dazu,
dass es für die rheinischen Rübenanbauer
wohl auch im Anbaujahr 2012 einen er-
heblichen Preisaufschlag auf den Rüben-
mindestpreis geben kann. Gute Aussich-
ten also für 2012.
realistische Anbauplanung
Die günstige Marktlage sollte jedoch
nicht dazu verführen, zu hohe Überschüs-
se zu erzeugen, deren Vermarktung dann
unter Umständen schwierig werden
könnte. Die Anbauplanung sollte konse-
quent am fünfjährigen Schnitt unter Be-
rücksichtigung des Zuckergehaltes be-
messen werden. Allerdings ist die Pla-
nung so auszurichten, dass alle Vertrags-
mengen – das heißt Quoten- und Indus-
trierüben – auch sicher erfüllt werden.
Für die Überrüben des Jahres 2012 / 13
gilt nicht nur eine Abnahmegarantie,
sondern auch für die ersten 5 %, bezogen
auf die Quote, wieder der Quotenrüben-
preis, bei Industrierübenanbau für weite-
re 15 % der Industrierübenpreis und für
alle weiteren Überrüben ein Mindestpreis
von 21,60 € / t.
Die Aufgaben für 2012
Im kommenden Anbaujahr gilt es, wieder
erfolgreich Rüben anzubauen und Zucker
zu vermarkten. Darüber hinaus ist die Zu-
ckerwirtschaft gefordert, bei jeder sich
bietenden Gelegenheit für das bestehen-
de System der derzeitigen Zuckermarkt-
ordnung zu werben. Nur sie gewährleistet
nachhaltig Rübenanbau und Zuckererzeu-
gung aus Rüben in Europa und damit Ver-
sorgungssicherheit. Und dies alles unter
Einhaltung allerhöchster Produktions-
standards sowohl auf dem Feld als auch
in der Fabrik. Die sehr gut besuchte Mit-
gliederversammlung des RRV mit dem
klaren Bekenntnis sowohl der Landesre-
gierung NRW als auch des Deutschen
Bauernverbandes (DBV) war für das Ziel
der Marktordnungsverlängerung bis min-
destens 2020 ein vielversprechender Auf-
takt.
Dr. Peter kasten
rheinischer rübenbauer-Verband
Dr. willi kremer-schillings
Pfeifer & langen
Die rheinischen
Zuckerfabriken hat-
ten mit der reichen
ernte genug zu tun.
foto: timwischmann
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