Zuckerrübenjournal 2/2013 - page 4

A k t u e l l e s
P o l i t i k  
M a r k t
  B e t r i e b s w i r t s c h a f t
A n b a u
T e c h n i k
Z u c k e r
4 
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Z U C K E R R Ü B E N
J O U R N A L
LZ 19 · 2013
Auch die Nachfrage außerhalb des Le-
bensmittelbereichs, also der chemisch-
pharmazeutischen Industrie oder der Fer-
mentationsindustrie, wurde mit Quoten-
zucker versorgt, wobei der Verwender,
ähnlich wie beim Export, eine Erstattung
erhielt, die den Zucker de facto annä-
hernd auf Weltmarktpreisniveau brachte.
Nachdem bereits 2004 für die Hefe­
industrie eine Übergangsregelung ge-
schaffen wurde, ging man 2006 mit Ein-
führung der neuen Zuckermarktordnung
daran, den Markt für die Lebensmittelin-
dustrie und für den Non-Food-Einsatz
völlig voneinander zu trennen. Heute
dient der Quotenzucker ausschließlich
zur Versorgung des Lebensmittelmarktes,
während der Non-Food-Einsatz durch In-
dustriezucker bedient wird.
Mit der Neuregelung der Zuckermarktord-
nung ging eine Reduzierung der Quoten
um etwa 6 Mio. t auf derzeit etwa 13,3
Mio. t einher. Hierdurch ist die Selbstversor-
gung der EUmit Quotenzucker nur noch zu
85 % gegeben. Bezogen auf die einzelnen
Mitgliedsländer sind heute nur fünf Länder
selbstversorgungsfähig, wobei Frankreich
mit einemÜberschuss von etwa 70 %mit
weitemAbstand vorne liegt. Die EU insge-
samt war imWirtschaftsjahr 2010/11 Net-
toimporteur von über 2 Mio. t Zucker. In
vielen Fällen bedeutet dies, dass sich eine
Vielzahl von Kunden neben ihren traditio-
nellen Versorgungswegen um neue Liefe-
rantenbeziehungen bemühen müssen, um
ihre Nachfrage zu decken. Hierdurch hat
zum einen der innergemeinschaftlicheWa-
renverkehr deutlich zugenommen, und
zum anderen auch der aus Präferenzlän-
dern importierte und anschließend in Euro-
pa raffinierte Rohzucker an Bedeutung ge-
wonnen. Die Abhängigkeit von Importen
hat damit deutlich zugenommen.
Der Markt für Nichtquotenzucker
Völlig konträr stellt sich die Situation auf
demMarkt für Nichtquotenzucker dar. In
Die geteilte Welt des Zuckermarkts
Europa mit Quoten- und Nichtquotenzucker
In der von 1968 bis 2006 gültigen EU-Zuckermarktordnung
wurde imWesentlichen zwischen Quotenzucker, also A-/B-Zucker, und C-Zucker, der über die Höchstquote hinausgeht,
unterschieden. Während der Quotenzucker zur Deckung des
gesamten Zuckerbedarfs innerhalb der EU diente und darü-
ber hinaus mit Erstattung exportiert werden konnte, musste
der C-Zucker innerhalb des auf die Produktion folgenden Ka-
lenderjahres ohne Erstattung in Drittländer ausgeführt wer-
den.
nochmals zu begründen, warum sowohl
die Position der EU-Kommission als auch
die des Agrarministerrates keine ausrei-
chende Perspektive für den Zuckerrü-
benanbau und die Rübenzuckererzeu-
gung in der EU bieten. So gilt es beispiels-
weise immer wieder darauf hinzuweisen,
dass die europäische Zuckerwirtschaft die
Folgen der drastischen Reform von 2006
erst allmählich „verdaut“. Erst recht ist die
Anpassungsphase an Weltmarktbedin-
gungen noch nicht abgeschlossen. Hierzu
ist es notwendig, die Leistungsfähigkeit
und Effizienz in den kommenden Jahren
noch weiter zu steigern. Dafür ist jedoch
zumindest noch ein Zeitraum von fünf
Jahren notwendig.
Immer wieder belegen zudem Umfra-
gen, wie wichtig den europäischen Bür-
gern eine sichere Nahrungsmittelversor-
gung aus heimischer Erzeugung ist. Sie
wollen eine möglichst geringe Abhängig-
keit von Importen bei Lebensmitteln.
Auch die Staaten der Südhalbkugel mit
bevorzugtemMarktzugang nach Europa
unterstützen eine Marktordnungsverlän-
gerung bis 2020. Zuckerimporte aus den
AKP-Staaten in Afrika, der Karibik und
dem Pazifik sowie den Least Developed
Countries (LDC) gelangen inzwischen ei-
nige Jahre zollfrei in die EU. Die Möglich-
keit des Zuckerexports in die EU ist für die
wirtschaftliche Entwicklung der LDC und
AKP-Staaten überaus wichtig.
Die Zuckerwirtschaft der EU und die
der LDC und AKP-Staaten sind sich in ih-
rer Forderung also einig – Verlängerung
der Zuckermarktordnung bis mindestens
2020. Bleibt zu hoffen, dass die berechtig-
ten Anliegen bei den Politikern auch Ge-
hör finden.
Dr. Peter Kasten
Rheinischer Rübenbauer-Verband e. V.
Foto: matl89, Fotolia
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