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LZ 29 · 2016

Zuckerrübenjournal

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| Z U C K E R | T E C H N I K | A N B A U | B E T R I E B S W I R T S C H A F T | M A R K T | P O L I T I K

A K T U E L L E S

|

A

uch die Europäische Union (EU)

ist vom Virus bilateraler Freihan-

delsabkommen befallen. Sie handelt

Freihandelsabkommen mit den

größten Zuckererzeugern oder

Zuckerexporteuren weltweit aus,

die ihre Produktion oder ihre

Exporte direkt oder indirekt

subventionieren. Deshalb

braucht die europäische Zu-

ckerwirtschaft unbedingt ei-

nen ausreichenden Außen-

schutz und faire Handels-

regeln.

Zehn neue EU-

Freihandelsabkommen

Seit 2013 sind in der EU fünf

neue Freihandelsabkommen mit

insgesamt elf Ländern in Kraft ge-

treten: Kolumbien, Peru, Costa Rica, El

Salvador, Guatemala, Honduras, Nica-

ragua, Panama, Ukraine, Georgien und

Republik Moldau. Hiermit hat die EU

die Zollsätze auf die Importe der meis-

ten landwirtschaftlichen Produkte ab-

gebaut. Ausgeschlossen von der Zoll-

befreiung sind einige sensible Produk-

te. Hierzu gehören unter anderem Zu-

cker und stark zuckerhaltige Erzeug-

nisse. Die EU hat sich allerdings

verpflichtet, zollfreie Importquoten in

einer Gesamthöhe von 281 000 t Zu-

cker pro Jahr einzuräumen. Diese

werden jährlich um 7 380 t steigen. Die

Zuckerimporte über diese Quoten hi-

naus werden mit normalen Zöllen be-

lastet, das sind 419 €/t für Weißzucker

und 339 €/t für Rohzucker.

Fünf weitere Freihandelsabkom-

men wurden abgeschlossen. Sie wer-

den allerdings erst im Oktober 2016 für

die Republik Südafrika, 2017 für Ecua-

dor, Kanada und Singapur sowie 2018

Aufwind für

Freihandelsabkommen?

Freihandelsabkommen haben in den letzten zehn Jahren in der Handelspolitik an Be-

deutung gewonnen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die Verhandlungen zur Liberali-

sierung des Welthandels innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) ins Stocken

geraten sind. Allein zwischen 2005 und 2015 hat sich die Anzahl von Freihandels-

abkommen weltweit mehr als verdoppelt und liegt heute bei etwa 280.

für Vietnam in

Kraft treten.

Der europäische Zu-

ckermarkt ist mittlerweile

einer der offensten Märkte in der Welt

geworden. 90 Länder können derzeit

entweder zollfrei oder zum günstige-

ren Zollsatz ihren Zucker in die EU

ausführen, siehe Grafik Seite 5.

Laufende Freihandelsgespräche

mit 19 Ländern

Die EU führt zurzeit Verhandlungen

zur Schaffung von Freihandelsabkom-

men mit 19 Ländern, darunter die

USA, die Mercosur-Staaten, also Brasi-

lien, Argentinien, Paraguay und Uru-

guay; darüber hinaus mit Mexiko, den

Golfstaaten, Indien, Japan, Malaysia,

den Philippinen, Thailand, Marokko

und Tunesien. Mit sieben anderen

Ländern – Bolivien, Chile, Indonesien,

Ägypten, Jordanien, Australien und

Neuseeland – sollen Verhandlungen

bald aufgenommen werden.

Mercosur – ernste Bedrohung

Im Mai 2010 hat die EU-Kommission

beschlossen, die Verhandlungen zur

Schaffung eines Freihandelsabkom-

mens mit den Mercosur-Staaten, da-

runter Brasilien, wieder aufzunehmen.

Brasilien, weltgrößter Produzent

und Exporteur von Zucker, kontrolliert

etwa 50 % des in der Welt gehandelten

Zuckers. Etwa 60 % der brasilianischen

Zuckererzeugung werden exportiert.

Günstige natürliche Produktionsbedin-

gungen, aber auch zahlreiche staatli-

che Beihilfeprogramme spielen für

Brasiliens Aufstieg zur Zucker-Su-

permacht eine wichtige Rolle.

Die brasilianische Regie-

rung ergreift zahlreiche di-

rekte und indirekte

Maßnahmen, um

den Zuckersektor

zu unterstützen.

Der größte Teil

der Unterstüt-

zung erfolgt indi-

rekt durch die Vergabe von Krediten

zu günstigen Zinssätzen, Zuschüsse,

Schuldenerlass- und Umschuldungs-

maßnahmen, Steuervorteile beim Ex-

port oder Exportkredite. Diese Beihil-

fen werden sowohl auf Produktions-

ebene des Zuckerrohrs als auch auf

Herstellungsebene des Zuckers und

Ethanols gewährt.

Eine andere Besonderheit Brasili-

ens ist die enge Verbindung zwischen

dem Zucker- und dem Ethanolsektor.

In beiden wird Zuckerrohr verarbeitet

und 90 % der Zuckerfabriken stellen

sowohl Zucker als auch Ethanol her.

Die Fabriken können deshalb sehr

schnell zwischen Zucker- und Ethanol-

produktion wechseln und sich an die

heimische Nachfrage, Weltmarktpreis-

situation oder auch Subventionspolitik

anpassen. Dies führt dazu, dass die

Produktion und die Exporte von Zu-

cker quersubventioniert sind.

Viele dieser Subventionen sind

nicht so transparent und werden des-

halb nur teilweise oder gar nicht bei

der WTO angemeldet. Außerdem

nutzt Brasilien bei der WTO seinen

Status als Entwicklungsland, um be-

stimmte interne Subventionen einzu-

führen oder Exportsubventionen, zum

Beispiel für den Transport, zu gewäh-

ren.

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